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Krieg im Nahen Osten Verhandlungen in Doha: Waffenruhe für Gaza oder Angriff Irans

Warum sollte es in Doha jetzt klappen? Weil die Region ohne Waffenruhe explodieren könnte. Iran hat mit einem grossen Angriff auf Israel gedroht: als Vergeltung für die Ermordung zweier Führungsfiguren der Hisbollah und der Hamas in Beirut und in Teheran – für beide macht Iran Israel verantwortlich.

Ohne Waffenruhe im Gazastreifen werde sich Iran nicht zurückhalten – davon sind auch die USA überzeugt und sie haben kein Interesse an einem grossen Nahostkrieg.

Netanjahus Versprechen vom totalen Sieg

Zudem hat Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant öffentlich gesagt, der von Premier Benjamin Netanjahu ständig beschworene totale Sieg über die Hamas sei nicht möglich: Die israelische Armee habe im Gazastreifen militärisch erreicht, was zu erreichen sei – was ihm prompt eine gehässige Reaktion Netanjahus eingebrockt hat.

Die Realität gibt dem Verteidigungsminister recht: Die Hamas im Gazastreifen ist nach zehn Monaten gnadenloser Bombardierung und Kämpfen noch nicht besiegt, aber geschwächt. Das unermessliche Leiden der Zivilbevölkerung entsetzt den ganzen Nahen Osten.

Die Angriffe der Hisbollah

In Israels Norden beschiesst die Hisbollah täglich Dörfer mit Raketen, 80'000 Israeli wurden evakuiert. Wer geblieben ist, findet weder Ruhe noch Sicherheit. Und die über 100 Geiseln im Gazastreifen, von denen niemand weiss, wie viele noch leben, werden wohl alle sterben, wenn es kein Abkommen gibt.

Iran ist mutmasslich nicht an einem Angriff auf Israel interessiert, der einen schweren Gegenangriff provozieren würde. Aber die Führung in Iran muss die Ermordung des Hamas-Führers in Teheran, seiner Hauptstadt, rächen.

Ein möglicher Ausweg

Knüpft Iran seine Zurückhaltung an eine Waffenruhe in Gaza, punktet die schiitische Grossmacht bei der arabischen Öffentlichkeit – und wahrt das Gesicht. Bei der Waffenruhe kämen womöglich Geiseln frei, und die Bevölkerung im Gazastreifen erhielte eine bitter nötige Verschnaufpause und überlebensnotwendige Versorgung. Der Region würde ein grosser Nahostkrieg erspart.

Premier Netanjahu und vor allem die Extremisten in seiner Regierung behaupten jedoch, damit bekäme auch die Hamas eine Verschnaufpause, und das sei fatal für Israel. Eine Waffenruhe würde aber – aller Logik nach – Israel mehr nützen als schaden. So sieht es auch das israelische Sicherheitsestablishment. Auf dieses hört Netanjahu aber nicht. Und auf wen die Hamas hört – die nicht einmal zu den Verhandlungen kommen will – ist unklar.

Susanne Brunner

Leiterin Auslandredaktion

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Susanne Brunner war für SRF zwischen 2018 und 2022 als Korrespondentin im Nahen Osten tätig. Sie wuchs in Kanada, Schottland, Deutschland und in der Schweiz auf. In Ottawa studierte sie Journalismus. Bei Radio SRF war sie zuerst Redaktorin und Moderatorin bei SRF 3. Dann ging sie als Korrespondentin nach San Francisco und war nach ihrer Rückkehr Korrespondentin in der Westschweiz. Sie moderierte auch das «Tagesgespräch» von Radio SRF 1. Seit September 2022 ist sie Leiterin der Auslandredaktion von Radio SRF.

Hier finden Sie weitere Artikel von Susanne Brunner und Informationen zu ihrer Person.

Krieg im Nahen Osten

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Die Konflikte in Israel, im Westjordanland, im Gazastreifen und in Libanon halten an. Hier finden Sie alle unsere Inhalte zum Krieg im Nahen Osten.

Echo der Zeit, 15.08.2024, 18:00 Uhr;stal

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