Zum Inhalt springen

Header

Audio
Wieder einmal steht Gaza im Mittelpunkt des Nahostkonflikts
Aus SRF 4 News aktuell vom 17.10.2023. Bild: Getty Images/Mohammed Zaanoun/ Majority World
abspielen. Laufzeit 10 Minuten 17 Sekunden.
Inhalt

Kriege, Flucht, Besatzung Gaza – ein Küstenstreifen mit einer leidvollen Geschichte

Die Welt blickt auf Gaza – wieder einmal: Seit Jahrzehnten ist der kleine Landstreifen geprägt von Gewalt und Armut.

Im Gazastreifen fliehen derzeit Hunderttausende Menschen vom Norden in den Süden. Denn Israel hat eine Bodenoffensive angekündigt, um die radikal-islamische Hamas zu zerstören. Diese kontrolliert den Gazastreifen seit bald 20 Jahren. Die aktuellen Ereignisse sind nur die neueste Episode in einer ebenso bewegten wie leidvollen Geschichte.

Von den Osmanen an die Briten: Noch während des Ersten Weltkrieges gehörte Palästina zum Osmanischen Reich. 1917 wurde es von Grossbritannien besetzt. «Damals wurde auch Gaza Teil des britischen Mandats Palästina und war eine vergleichsweise plurale Gesellschaft», erklärt der Historiker Hans-Lukas Kieser von der Universität Zürich.

Gaza-Stadt in einer Aufnahme von 1920.
Legende: Christen, Juden und Muslime lebten Anfang des 20. Jahrhunderts nebeneinander in Gaza, wobei die sunnitischen Muslime eine sehr klare Mehrheit bildeten. Bild: Gaza-Stadt in einer Aufnahme von 1920. Wikimedia Commons

«Ende der 1920er-Jahre kam es dann zu Attacken gegen Juden, die als Zionisten wahrgenommen wurden – obwohl ein grosser Teil der Juden auch Alteingesessene waren», sagt Kieser. Viele Juden verliessen Gaza. «Von da an war Gaza sunnitisch-muslimisch und ist es heute zu weit über 90 Prozent.»

Hafen von Gaza-Stadt
Legende: Heute gilt der Gazastreifen als eines der am dichtesten besiedelten Gebiete der Welt: Auf einer Fläche, die etwas weniger als doppelt so gross wie diejenige des Neuenburgersees ist, leben rund zwei Millionen Menschen. Keystone/EPA/Mohammed Saber

Ringen um Palästina: 1947 teilte die UNO Palästina in einen jüdischen und einen arabischen Teil auf. Der heutige Gazastreifen sollte damals Teil eines neuen Palästinenserstaates werden. Die arabischen Staaten und die ansässigen Araber stellten sich aber gegen den UNO-Entscheid. «Sie sahen keine Chance, diesen territorialen Teilstaat von Palästina ernsthaft zu verwirklichen.» Schliesslich übernahm Ägypten die militärische Verwaltung des Gazastreifens und Jordanien annektierte das Westjordanland.

Der Grossmufti 1941 mit Adolf Hitler
Legende: Auf dem Papier existierte zwar eine palästinensische Regierung unter dem berüchtigten Grossmufti von Jerusalem, Mohammed Amin al-Husseini. Eine wirkliche Entwicklung hin zu einem Palästinenserstaat gab es aber nicht. Bild: Grossmufti al-Husseini mit Adolf Hitler. Wikimedia Commons

Kriege und Flüchtlingselend: Auf den UNO-Teilungsbeschluss von 1947 folgte der erste arabisch-israelische Krieg. Dieser endete mit dem Sieg der Israeli und der Flucht und Vertreibung der palästinensischen Araber. Viele flohen in den Gazastreifen. «Es gibt dort sehr viele Flüchtlinge, was viele der tiefsitzenden Ressentiments erklärt», sagt Kieser. Schon damals befand sich der Gazastreifen in einem wirtschaftlich prekären Zustand. «Es war eine krisenhafte Region mit einem massiven Flüchtlingsproblem», erläutert der Historiker.

Während des Sechstagekriegs fahren israelische Kämpfer auf ägyptische Stellungen im Sinai zu.
Legende: Im Zuge des Sechstagekriegs von 1967 übernahm Israel die Kontrolle über den Gazastreifen und das Gebiet galt offiziell als besetzt. 2005 löste Israel seine Militärstützpunkte auf, evakuierte israelische Zivilisten und zog sich aus dem Gazastreifen zurück. Keystone/AP

Das Erbe der Muslimbrüder: Seit vielen Jahrzehnten ist auch die Muslimbruderschaft im Gazastreifen verwurzelt. Die islamistische Bewegung gewann seit den 1930er-Jahren ausgehend von Ägypten in vielen arabischen Ländern an Einfluss. «Israel versuchte sie zunächst auch als Gegengewicht zur PLO zu fördern, die bis in die 1990er-Jahre als Terrororganisation galt», sagt Kieser.

Die PLO und die Fatah

Box aufklappen Box zuklappen
Legende: Graffiti mit dem früheren PLO-Anführer Jassir Arafat und der palästinensischen Ex-Terroristin Leila Chaled in Ramallah. Keystone/EPA/Atef Safidi

Die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) führte in ihren Anfängen Guerilla-Aktionen gegen die israelische Besetzung durch. Beim Oslo-Friedensprozess im Jahr 1993 akzeptierte sie aber das Existenzrecht Israels, bekannte sich zum Friedensprozess inklusive Zweistaatenlösung und schwor dem Terrorismus ab. Die säkulare Fatah ist die stärkste Fraktion innerhalb der PLO.

«Die Muslimbruderschaft war dann der Nährboden, auf dem 1987 die Hamas im Rahmen der ersten Intifada gegründet wurde», so der Historiker. Hamas unterhielt schon damals Verbindungen zu Iran, das seit der Islamischen Revolution von 1979 um Einfluss in der islamischen Welt rang.

Hamas-Mitglieder schwören 1991 einen Eid auf die Bewegung.
Legende: «Der Gazastreifen war nicht nur wirtschaftlich und wegen des Flüchtlingselends, sondern auch politisch ein äusserst heisser Boden», sagt Kieser. Bild: Hamas-Mitglieder schwören 1991 einen Eid auf die Bewegung. CONTRAST PRESS via Getty Images

Hamas übernimmt die Kontrolle: Seit ihrem Wahlsieg von 2006 regiert die Hamas im Gazastreifen, ohne sich erneut Wahlen zu stellen. 2007 sicherte sie sich ihre Macht in bürgerkriegsähnlichen Kämpfen mit der verfeindeten Palästinenserbewegung Fatah.

Maskierte Hamas-Kämpfer in einer Aufnahme von 1993.
Legende: Seit dem – bis heute nie vollendeten – Friedensprozess der 1990er-Jahre setzt Hamas zunehmend auf Gewalt. «Sie ergriff das Zepter eines radikalen, militanten und terroristischen Islamismus», erklärt Kieser. Bild: Hamas-Kämpfer in einer Aufnahme von 1993. Getty Images/Peter Turnley

Dass sich Hamas im Gazastreifen durchgesetzt hat, erstaunt Kieser nicht. Denn die Ideologie der Muslimbrüder war dort schon lange tief verwurzelt: «Dabei setzte sich die Muslimbruderschaft bis in die 1970er-Jahre vor allem sozial ein und machte nicht durch extreme Gewalt von sich reden.» Schliesslich ging Hamas zu gezielten Terroranschlägen auf israelische Zivilisten über, insbesondere mit Beginn der zweiten Intifada Anfang der 2000er-Jahre.

Krieg im Nahen Osten

Box aufklappen Box zuklappen

Die Konflikte in Israel, im Westjordanland und im Gazastreifen halten an. Hier finden Sie alle unsere Inhalte zum Krieg im Nahen Osten.

SRF 4 News, 17.10.2023, 8:47 Uhr;

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel