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Krieg im Nahen Osten Erste Hilfsgüter in Gaza – schwierige Verteilung

Für die Menschen im Gazastreifen hat sich nur beschränkt etwas geändert. Es finden noch Kämpfe statt.

Situation in Gaza: Israel lässt nun wieder zu, dass Lastwagen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen fahren. «Am Montag waren es 5 Lkw, am Dienstag 93 und am Mittwoch 100 Lastwagen», sag Jan-Christoph Kitzler, der für die ARD aus Tel Aviv berichtet. Doch: «Es finden noch Kämpfe statt, deshalb ist es schwierig, die Güter zu verteilen.» Es gebe Angriffe aus der Luft und am Boden. Nach früheren Angaben der UNO wären täglich 500 Lastwagen nötig, um die Versorgung der rund zwei Millionen Menschen zu garantieren.

«Sterile Zonen»: Israels Premierminister Netanjahu kündigte an, Israel werde «sterile Zonen» in Gaza einrichten, dies im Zusammenhang mit der geplanten Neuorganisation der Hilfe für die Bevölkerung. Unter «sterilen Zonen» seien Bereiche zu verstehen, die «komplett frei von der Hamas sein werden», so Netanjahu. In diesen Zonen sollen die Bewohnerinnen und Bewohner von Gaza umfassende humanitäre Hilfe erhalten, und zwar nicht von Hilfsorganisationen der UNO, sondern von US-Sicherheitsfirmen. Die Vereinten Nationen und weitere Hilfsorganisationen lehnen diese Pläne ab.

«Entmenschlichung einer ganzen Bevölkerung»

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Bewohner des Gazastreifen flüchten vor israelischen Angriffen (21. Mai).
Legende: Menschen im Gazastreifen flüchten vor israelischen Angriffen (21. Mai). Getty Images/Anadolu/M.T. Jaras

Steven Cornish, Generaldirektor von «Ärzte ohne Grenzen Schweiz», schildert gegenüber SRF, welch verheerenden Ausmasse die humanitäre Krise im Gazastreifen angenommen hat.

«Es gibt keine Worte dafür, wie die Situation vor Ort derzeit ist.  Die Bevölkerung des Gazastreifens und alle, die den Menschen helfen wollen, erleben die Hölle auf Erden. Neugeborene und Babys leiden unter schwerem Hunger, sie haben keinen ausreichenden Zugang zu Milch und Nahrung. Es gibt ständige Angriffe und Bevölkerungsbewegungen.

Das macht es sehr schwierig, sowohl die Versorgung zu gewährleisten als auch die Bevölkerung in Sicherheit zu bringen. Ganz einfach, weil es im Gazastreifen keinen sicheren Ort gibt. Unseren Kliniken und Spitälern gehen jetzt die Vorräte aus. Wir stehen kurz davor, der Bevölkerung im Gazastreifen keine qualitativ hochwertige, ja nicht einmal mehr eine menschenwürdige humanitäre Versorgung bieten zu können.

Seit Monaten fordern wir ein Ende dieser mittelalterlichen Belagerungstaktik. Diese Forderungen sind weitgehend ungehört verhallt (…) Wir können nicht sicherstellen, dass unsere Spitäler nicht angegriffen werden und unsere Konvois die Gebiete im Gazastreifen erreichen können. Die Menschen sind verzweifelt, sie haben keine Hoffnung mehr. Wir erleben eine künstlich herbeigeführte Krise mit Hunger, mangelnder medizinischer Versorgung und der Entmenschlichung einer ganzen Bevölkerung.»

Verteilung nur im Süden: Israel beabsichtigt, die neuen Verteilzentren ausschliesslich im Süden Gazas einrichten zu lassen. «Netanjahu hat schon gesagt, dass die Menschen dann nicht mehr in den Norden zurückgelassen werden», sagt der ARD-Korrespondent.

Zwei Männer kümmern sich um ein Auto, das mit UNO angeschrieben ist
Legende: Ein Begleitfahrzeug der Lastwagen mit Hilfsgütern für den Gazastreifen. Keystone/ABDEL KAREEM HANA

Netanjahus Kriegsziele: An einer Pressekonferenz am Mittwoch sagte der israelische Premier, eines von Israels Zielen sei die totale militärische Kontrolle des Gazastreifens. «Bis anhin war das Ziel, dass keine Gefahr mehr für Israel aus dem Gazastreifen ausgehen soll, nun setzt man offenbar auf die totale militärische Kontrolle», so der ARD-Journalist. Weiter sagte Netanjahu, dass ein dauerhafter Waffenstillstand nur möglich sei, wenn der sogenannte Trump-Plan umgesetzt werde. Nach dieser Idee von US-Präsident Donald Trump soll der Gazastreifen die Riviera des Nahen Ostens werden. Dazu sollten nach Trump massenhaft Menschen aus dem Gazastreifen ausreisen. «Das wäre dann eine ethnische Säuberung», sagt ARD-Korrespondent Kitzler.

SRF 4 News, 22.5.2025, 7:20 Uhr ; 

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