Sakko-Diplomatie im Oval Office: «Sie sehen fantastisch aus in diesem Anzug!» – plötzlich war die Stimmung für einen Moment gelöst im Weissen Haus. Und die Angst verflogen, dass es zu einer Kernschmelze wie beim letzten Aufeinandertreffen zwischen dem ukrainischen und dem amerikanischen Präsidenten im Oval Office kommen würde. Im schwarzen Anzug ohne Krawatte sass Wolodimir Selenski neben Donald Trump. Das Kompliment kam von MAGA-Reporter Brian Glenn, der Selenski bei der Eskalation im März noch höhnisch gefragt hatte, ob er überhaupt einen Anzug besitzen würde. «Das ist der Typ, der sie attackiert hat», witzelte Trump. «Ich erinnere mich daran», antwortete Selenski, und blickte zu Glenn: «Im Gegensatz zu mir haben Sie sich aber nicht umgezogen.»
Die unklare Gipfelbilanz: Die Episode sorgte für Lacher im Raum – und leitete eine diplomatische Grossoffensive zur Befriedung des Ukraine-Konflikts ein, die SRF-Korrespondent Pascal Weber mit vier Worten zusammenfasst: «Viele Worte, wenig Klarheit.» Denn noch lässt sich kaum abschätzen, ob das beispiellose Gipfeltreffen im Weissen Haus der Anfang vom Ende des Ukraine-Kriegs ist. Oder das nächste bisschen Hoffnung, das an den verhärteten Fronten zerschellt. Egal ob auf dem Schlachtfeld oder dem diplomatischen Parkett.
Vorsichtig optimistische Europäer: Nach dem Gipfel war Erleichterung herauszuhören. So sagte der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz: «Meine Erwartungen sind eigentlich nicht nur getroffen, sondern übertroffen worden.» Er wolle nicht verhehlen, dass er unsicher gewesen sei, ob das Treffen so ausgehen werde. «Das hätte auch anders verlaufen können.»
Es gab aber auch andere Zwischentöne. Der finnische Präsident Alexander Stubb sagte nach dem Treffen, die grundlegenden strategischen Ziele Putins hätten sich nicht geändert. Der Kremlchef wolle Russland als Supermacht sehen. «Er möchte den Westen spalten.» Und er wolle der Ukraine die Souveränität nehmen, ergänzte der Finne, dessen Land direkt an Russland grenzt.
Das Ringen um Sicherheitsgarantien: Für den französischen Präsidenten Emmanuel Macron gehört eine robuste ukrainische Armee, die jedem Angriff standhalten könne, zu den notwendigen Sicherheitsgarantien. Ähnlich klang es auch bei Selenski. Nato-Generalsekretär Mark Rutte unterstrich, dass Russland nach einem Friedensabkommen nie wieder versuchen dürfe, auch nur eine Quadratmeile ukrainischen Bodens zu ergattern.
Im Gespräch sind derzeit eine Art Beistandspakt nach Nato-Vorbild – allerdings ohne Mitgliedschaft der Ukraine im Bündnis – sowie Friedenstruppen im Land. Wer diese Einheiten stellen soll, ist derzeit noch offen.
Mögliches Treffen von Putin und Selenski: US-Präsident Trump verkündete, er habe damit begonnen, ein Zweiertreffen der beiden Präsidenten vorzubereiten. Ort und Zeit sind bislang unbekannt. Die Begegnung soll aber nach Angaben des deutschen Kanzlers Merz innerhalb der nächsten beiden Wochen stattfinden. Danach – so Trumps Plan – soll ein Dreiertreffen mit ihm selbst folgen.
Offensichtlich ist dieser Plan aber noch nicht fix. Nach einem Telefonat Trumps mit Putin sprach der Kreml zunächst nicht von einem Treffen auf Präsidentenebene. Zwar hat Putin bereits mehrfach erklärt, dass er bereit sei zu einem Treffen mit Selenski, allerdings nannte er dabei stets als Bedingung, dass grundlegende Fragen vorab geklärt sein müssten.