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Umfragehoch und Hauskrach Die AfD hat ein Problem: Wladimir Putin

Die AfD reitet auf einer Erfolgswelle – und hadert mit ihrer Haltung zu Russland. Sogar die Parteispitze ist gespalten.

Eigentlich könnte die AfD die Korken knallen lassen. Laut Umfragen ist sie derzeit Deutschlands stärkste Partei. Doch im «gärigen Haufen», wie ihn Gründungsmitglied Alexander Gauland einst nannte, braut sich etwas zusammen. Der Grund dafür: die Positionierung gegenüber Wladimir Putin.

«Herr Rothfuss bleibt hier»

Für Unruhe sorgen Russland-Kontakte von Parteimitgliedern. Der bayerische AfD-Abgeordnete Rainer Rothfuss plant etwa eine Reise nach Sotschi. Dort will er sich unter anderem mit Dmitri Medwedew treffen.

Medwedew 2019 im Gespräch mit Putin.
Legende: Seit Jahren droht der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew (links, im Gespräch mit Putin) dem Westen – auch schon mit einem Atomkrieg. Getty / Mikhail Svetlov (Archiv)

Parteichefin Alice Weidel findet in einem Pressestatement klare Worte: «Ich kann nicht verstehen, was man da eigentlich soll (...) Herr Rothfuss wird hierbleiben.» An die Adresse von Putin sagte sie schon Ende September: «Er muss sich bewegen.»

Ein Rüffel von oben, den Tino Chrupalla, Co-Chef der Partei, in der deutschen Talkshow «Markus Lanz» gleich wieder kassierte. «Mir hat Putin nichts getan», sagte er im ZDF. Man müsse mit allen reden – auch mit Diktatoren.

Und: Russland sei aktuell keine Gefahr für Deutschland. Auch einen hybriden Krieg sehe er nicht. Belege für russische Drohnen über deutschen Flughäfen fehlten.

Aussenpolitischer Schlingerkurs

Claudia Kade, Politikchefin der deutschen «Tageszeitung», spricht von einer gespaltenen Parteispitze: «Weidel will weg von der unverbrüchlichen Solidarität mit Putin – Chrupalla hält munter dagegen.» Das Auseinanderdriften der Parteichefs führe zu Irritationen innerhalb der AfD. Der Partei drohe nachhaltiger Schaden.

Kreml-Kritiker empört sich über Chrupalla

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Wladimir Kara-Mursa während seines Gerichtsprozess 2022 in Moskau.
Legende: Wladimir Kara-Mursa während seines Gerichtsprozess 2022 in Moskau. IMAGO / SNA

Gast bei «Markus Lanz» war auch der russische Oppositionelle Wladimir Kara-Mursa, der zwei Giftanschläge überlebt hat. Nach Kritik am russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine war er wegen angeblichen «Hochverrats» zu 25 Jahren Haft verurteilt worden. 2024 kam er im Rahmen eines Gefangenenaustauschs frei.

Zur Empörung des Kreml-Kritikers bezeichnete sich Chrupalla während der Sendung selbst als Dissidenten: «Wir sehen ja, wie in Deutschland mit der AfD umgegangen wird.» Kara-Mursas Reaktion: «Unsere Oppositionellen wurden ermordet – wie viele aus Ihrer Partei sind ermordet worden? (…) Es ist eine Beleidigung für mich, wenn jemand das vergleicht mit irgendwas, was es in den westlichen Demokratien gibt.»

Die Risse in der Russland-Frage treten offen zutage. Der verteidigungspolitische Sprecher der AfD kontert Chrupalla in der «Bild». «Wir sehen jede Woche russische Waffensysteme in Gebieten, wo sie nichts verloren haben», so Rüdiger Lucassen. «Wir sehen einen Staat, der keine Bereitschaft zeigt, in Richtung Frieden zu gehen.»

Lucassen bei Rede in Düsseldorf (September 2025).
Legende: «Gefahrenabwehr, zumindest aber Prävention, ist die Pflicht jedes deutschen Politikers und jedes deutschen Patrioten», so der Ex-Offizier der Bundeswehr, Rüdiger Lucassen, gegenüber der «Bild». Imago / Revierfoto

Anbindung an Ost oder West, ein wehrhaftes Deutschland oder Dialog mit Diktatoren? Die junge Partei justiert ihren aussenpolitischen Kompass noch. Parteichefin Weidel liess sich im Wahlkampf vom (damaligen) Trumpisten Elon Musk promoten. Der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke diffamierte die CDU als «transatlantische Vasallenpartei».

«Kleine Anfragen» – grosse Aufregung

Publik wurde in diesen Tagen auch: In Landtagen stellen AfD-Abgeordnete reihenweise «kleine Anfragen» zu sensiblen Sicherheitsthemen. So etwa zum Standort militärischer Anlagen, der Drohnenabwehr oder Transporten von Rüstungsgütern Richtung Ukraine.

«Es drängt sich der Eindruck auf, dass die AfD mit ihren Anfragen eine Auftragsliste des Kremls abarbeitet», sagte der Thüringer Innenminister im «Handelsblatt». Chrupalla weist den Vorwurf zurück: Man bringe lediglich Fragen aus der Bevölkerung ein.

Wer gewinnt den Machtkampf?

Die etablierten Parteien wittern Morgenluft. «Sie versuchen nun, die AfD mit Spionagevorwürfen zu stellen», schätzt Kade. Parteichefin Weidel ist offenkundig darum bemüht, die Angriffsfläche zu verkleinern. An einen Wählerschwund glaubt Kade jedoch nicht. Denn die russlandfreundliche Haltung schärfe das oppositionelle Profil der AfD.

Weidel und Chrupalla scharten nun ihre Truppen hinter sich, wie es die Kennerin des politischen Berlins ausdrückt. Ihre Prognose: «Ich glaube, dass Weidel den Machtkampf gegen Chrupalla verlieren wird.» Wie sich die Querelen auf das Arbeitsklima an der Parteispitze auswirken, ist eine andere Frage.

SRF 4 News, 13.11.2025, 7:20 Uhr ; 

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