Zum Inhalt springen

Header

Zur Übersicht von Play SRF Audio-Übersicht

Vorgehen gegen Schattenflotte Die EU will Russlands Finanzströme abklemmen – warum?

Die EU hält zur Ukraine. Am Morgen gab sie grünes Licht für ein neues Sanktionspaket gegen Russland. Im Zentrum steht die sogenannte Schattenflotte, mit deren Hilfe Russland weiter Öl in Drittstaaten exportiert. Es wird zudem vermutet, dass diese Schiffe auch als Basen für die Drohnenflüge über Europa genutzt wurden. EU-Korrespondent Charles Liebherr erläutert die Zusammenhänge.

Charles Liebherr

EU-Korrespondent

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Charles Liebherr ist EU-Korrespondent von Radio SRF. Davor war er unter anderem in der SRF-Wirtschaftsredaktion tätig, später war er Frankreich-Korrespondent. Liebherr studierte in Basel und Lausanne Geschichte, deutsche Literatur- und Sprachwissenschaft sowie Politologie.

Wie stark treffen die neuen Sanktionen Russland?

Nehmen wir das Beispiel der Ölexporte Russlands. Die EU betont zu Recht, dass man das Geschäftsmodell dieser dubiosen Schattenflotte angreifen muss. Wenn man nun Tanker für Kontrollen festsetzt und die Lieferketten damit unterbrochen werden, dann wird das Geschäft risikoreicher und darum auch kleiner, so die Hoffnung. Die Ölexporte aus Russland müssen aus Sicht der EU weiter zurückgehen. Diese sind immer noch die wichtigste Einnahmequelle für die Regierung Putin, um den Krieg in der Ukraine zu finanzieren. Insofern werden die Sanktionen Russland durchaus wirtschaftlich zu schaffen machen, aber eher lang- als kurzfristig.

Wofür will die EU 140 Milliarden Euro blockierte Gelder der russischen Zentralbank freigeben?

Primär soll dieses Geld für die weitere militärische Aufrüstung der Ukraine eingesetzt werden. Im besten Fall fliesst dann auch Geld wieder zurück an europäische Rüstungsfirmen. Einen Tag vor dem EU-Gipfel und dem Besuch von Präsident Selenski unterzeichnete dieser in Schweden eine Absichtserklärung für den Kauf von bis zu 150 Gripen-Kampfjets neuester Generation. Die EU-Länder hoffen nun auf zahlreiche weitere solche Geschäfte.

Warum droht Belgien mit einer Blockade, wenn die EU dieses eingefrorene russische Staatsvermögen nutzen will?

Bei der Clearinggesellschaft Euroclear mit Geschäftssitz in Belgien liegt der Grossteil der Vermögen der russischen Zentralbank. Wegen der Sanktionen darf Euroclear das Geld nicht an Russland weiterleiten. Russland wird aber versuchen, die Firma und letztlich den belgischen Staat hierfür vor Gericht zu ziehen, wenn die EU auf dieses Geld zugreift. Das birgt erhebliche rechtliche, aber vor allem auch finanzielle Risiken für Belgien.

Costa legt Selenski die Hand auf die Schuliter- wie einem Freund
Legende: Der Präsident der Ukraine, Wolodimir Selenski (links), und der Präsident des Europäischen Rates, Antonio Costa, treffen sich in Brüssel. Keystone / Harry Nakos

Welche Garantien fordert Belgien von den anderen EU-Ländern?

Belgien will sicherstellen, dass alles auf einer soliden rechtlichen Basis abgewickelt wird. Das Land fordert von den anderen EU-Staaten Garantien, Belgien zu unterstützen, sollte es von Russland vor ein Schiedsgericht gezerrt werden. Belgien will ebenfalls sicherstellen, dass alle anderen EU-Länder für einen allfälligen finanziellen Schaden geradestehen würden. Es ist ja nicht auszuschliessen, dass es mal zu einem solchen Schaden kommt.

Ist es Zufall, dass der ungarische Premier Orban fehlt – wegen des ungarischen Nationalfeiertags?

Ja, es ist wirklich ein Zufall, aber ein sehr willkommener. Natürlich wurde die Agenda am EU-Gipfel entsprechend getrimmt, um eben dem launischen ungarischen Ministerpräsidenten keine Plattform für seine Tiraden gegen die EU zu geben. Aber man darf auch festhalten, dass Herr Orban in den letzten Tagen wieder etwas bescheidener auftritt, jetzt, da klar ist, dass es möglicherweise kein Treffen zwischen US-Präsident Trump und Putin in Budapest geben wird.

Rendez-vous, 23.10.2025, 12:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel