Der Wahlkampfmanager Bill Stepien soll US-Präsident Donald Trump die Wiederwahl sichern. Doch wegen der Corona-Pandemie seien die Möglichkeiten im Wahlkampf 2020 stark eingeschränkt – vor allem für Trump, sagt die Wahlkampfexpertin Christina Holtz-Bacha.
SRF News: Kann Bill Stepien den Wahlkampf zugunsten des Präsidenten verbessern?
Christina Holtz-Bacha: Man wechselt den Trainer aus, das ist bloss eine Figur. Doch wenn es wirklich schlecht läuft, liegt das häufig auch an den Spielern – und die kann man nicht so einfach alle auswechseln.
Wie beurteilen Sie den aktuellen Wahlkampf in den USA ganz allgemein?
Es gibt dieses Jahr gar keinen Wahlkampf wie man ihn sonst kennt in den USA. Wegen der Coronapandemie gibt es keine öffentlichen Auftritte und Grossveranstaltungen der Kandidaten. Man muss auf andere Medien ausweichen.
Nach wie vor spielt die TV-Werbung im Wahlkampf eine grosse Rolle.
Dabei tut sich Trump schwer, obwohl er ja der Twitter-Präsident ist. Trump geht der persönliche Kontakt zum Publikum verloren. Ohne die öffentlichen Auftritte, bei denen er in vollen Stadien das Publikum anheizen kann, ist der Wahlkampf für ihn sehr schwierig. Eine grosse Rolle spielen in den USA ausserdem die Wahlspots am TV. Dieser Wahlkampf am Fernseher läuft dagegen wie gewohnt.
Wahlkampfauftritte, TV-Spots: Überschätzen wir also die Rolle der neuen digitalen Medien wie Facebook, Instagram oder Twitter?
Die klassischen Medien haben in Wahlkämpfen nach wie vor ihre Rolle – das gilt nicht nur für die USA, sondern auch für Europa. In den USA ging denn auch bei den letzten Wahlen 2016 bis zur Hälfte des gesamten Wahlkampfbudgets in die Fernsehwerbung.
Noch mehr auf Angriff zu schalten könnte kontraproduktiv sein.
Kann da Trumps neuer Wahlkampfmanager Stepien noch etwas verbessern?
Er kann nicht viel anders machen. Die spezielle Situation in diesem Jahr mit der Coronapandemie kann auch er nicht ändern. Vielleicht wird er versuchen, noch mehr auf Angriff zu schalten. Allerdings könnte das in der aktuellen Situation auch kontraproduktiv sein.
Können die Wahlkampfmanager, die «Spin-Doctors», dem Wahlkampf überhaupt einen eigenen Drall mit Themen geben oder bleibt in der aktuellen Situation bloss übrig, möglichst gut auf der Themenwelle zu reiten, die daherkommt?
Man kommt an der Coronapandemie sicher nicht vorbei: Sie verursacht grosse wirtschaftliche Schwierigkeiten, viele Menschen in den USA haben mit ihrer Stelle auch die Krankenversicherung verloren. Für Trump ist das eine schwierige Situation, denn er wollte ja mit der guten Wirtschaftslage Wahlkampf machen. Doch jetzt kommt er an dem Thema, das er eigentlich zu vermeiden versucht hat – der Pandemie –, nicht mehr vorbei.
Der Wahlkampf ist noch keineswegs entschieden.
2016 gewann Trump die Wahl, obschon er nicht als Mann der grossen konkreten Pläne und Inhalte galt. Was war damals anders?
Besonders war, dass beide Kandidaten nicht besonders beliebt waren – Hillary Clinton war eine schwierige Kandidatin. Trump holte damals gegen Ende des Wahlkampfs massiv auf. Insofern können wir gespannt sein, ob ihm nicht auch diesmal noch etwas einfällt, wie er die Sache in den nächsten dreieinhalb Monaten noch drehen kann. Der Wahlkampf ist noch keineswegs entschieden.
Dann hat also Trumps neuer Mann Stepien durchaus noch eine Chance, etwas zu erreichen?
Man kann ihm nur Glück wünschen, denn Trump schreckt bei ausbleibendem Erfolg sicher nicht zurück, ihn abermals durch eine andere Person zu ersetzen.
Das Gespräch führte Isabelle Maissen.