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Weissrussland Die Sowjet-Wirtschaft hat nun auch in Belarus ausgedient

«Schlecht gemanagt und ineffizient»: Weissrusslands staatlich gelenkte Wirtschaft stösst an ihre Grenzen.

Ästhetisch, langlebig, innovativ seien die Haushaltsgeräte der Firma «Atlant», heisst es in dem Werbeclip. «Atlant» mit Sitz in Minsk ist ein Unternehmen, das die weissrussische Wirtschaft als Ganzes gut charakterisiert: ein Industriebetrieb, staatlich kontrolliert und in finanziellen Schwierigkeiten.

Kühlschränke von Atlant in Minsk: Die Firma ist ein klassisches Beispiel
Legende: Kühlschränke von Atlant in Minsk: Die Firma ist ein klassisches Beispiel für die weissrussische Wirtschaft. Reuters

«Die weissrussische Regierung hat sich über viele Jahre bemüht, vom sowjetischen Wirtschaftssystem möglichst viel zu erhalten», sagt der weissrussische Analytiker Vadim Moscheiko, der sich beim Thinktank Belarussian Institute for Strategic Studies mit ökonomischen Fragen auseinandersetzt.

Weissrussland produzierte weiter

Die strukturkonservative Strategie Lukaschenkos war nicht nur schlecht. In Nachbarländern wie Russland brach mit der Sowjetunion auch ein Grossteil der Industrie zusammen. Viele Menschen verarmten. Weissrussland dagegen produzierte weiter Kühlschränke, Traktoren oder Socken.

Massenstreik und neue Oppositionspartei

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Maria Kolesnikowa.
Legende: Keystone

Die Opposition in Belarus will mit einem landesweiten Streik den Druck auf den umstrittenen Staatschef Alexander Lukaschenko weiter erhöhen. Am Dienstag soll niemand zur Arbeit gehen, hiess es in einer Ankündigung. «Wir laden alle ein, Solidarität zu zeigen und die Arbeit einzustellen.» Die Organisatoren nannten es «den grössten Massenstreik in der Geschichte des Landes».

Gleichzeitig gab die Demokratiebewegung um die Oppositionelle Maria Kolesnikowa die Gründung einer Partei zur Erneuerung des Landes bekannt. Die politische Kraft mit dem Namen Wmestje – zu Deutsch: Miteinander – solle den Menschen, die Veränderungen wollten, eine Basis geben, sagte die 38-Jährige am Montag. Kolesnikowa gilt als eines der wichtigsten Gesichter in der Bürgerbewegung gegen den umstrittenen Staatschef.

Nun aber kommt das System an seine Grenzen: «Der Staatssektor kann nicht mehr wachsen, weil er schlecht gemanagt und ineffizient ist», sagt Experte Moscheiko.

Tatsächlich ist die weissrussische Wirtschaft ein Jahrzehnt lang kaum vorangekommen. Ein Grund dafür ist, dass auch Russland, der mit Abstand wichtigste Handelspartner Weissrusslands, in einer Krise steckt. Aber es gibt auch andere Ursachen.

Lohnerhöhung vor den Wahlen

Moscheiko sagt: «Viele Entscheide in den Staatsunternehmen werden nicht aus wirtschaftlichen, sondern politischen Überlegungen getroffen.» So sind etwa die Gehälter im ersten Halbjahr 2020 um 13 Prozent gewachsen, die Produktivität der Unternehmen aber nur um 2 Prozent.

Mit anderen Worten: Staatschef Lukaschenko wollte sich die Zustimmung seiner Bürger mit Lohnerhöhungen kaufen, obwohl es ökonomisch keine Grundlage dafür gibt. Die Folge: der Staat und seine Unternehmen häufen Schulden an.

SRF nennt Weissrussland neu Belarus

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SRF nennt Weissrussland jetzt gemäss der amtlichen Kurzform Belarus. Damit passt sich SRF der Mehrheit der deutschsprachigen Medien an. Auch die Diplomatie der deutschsprachigen Länder Schweiz, Österreich und Deutschland bezeichnen das Land als Belarus, zumindest im zwischenstaatlichen Gebrauch.

Der bekannte russische Wirtschaftswissenschaftler Sergej Guriev fasste die Lage kürzlich zusammen: «Das weissrussische Wirtschaftssystem ist in einer Sackgasse. Es bräuchte weiter Subventionen aus Russland, bekommt aber immer weniger davon.»

Die Hoffnungen ruhen auf privaten Investoren

Tatsächlich hat der Kreml bisher Lukaschenkos Systems querfinanziert, vor allem mit verbilligtem Öl und Gas. Doch Russland steckt selber in ökonomischen Schwierigkeiten und ist nicht mehr bereit, das Nachbarland ohne Weiteres zu stützen.

Auch die Firma Altlant in Minsk ist in finanziellen Schwierigkeiten.
Legende: Auch die Firma Altlant in Minsk ist in finanziellen Schwierigkeiten. Reuters

Allerdings gibt es durchaus auch positive Entwicklungen in der weissrussischen Wirtschaft. Der Minsker Experte Moscheiko sagt: «Die privaten Unternehmen sind gewachsen, da gab es auch ausländische Investitionen.»

Eine solche Erfolgsgeschichte ist die IT-Industrie. Gut ausgebildete Programmiererinnen und Programmierer haben aus Minsk ein Zentrum der Softwareentwicklung gemacht.

Populäre Spiele aus Belarus

So wurde etwa das in Osteuropa enorm populäre Computer-Kriegsspiel «World of Tanks» in Weissrussland entwickelt. Aber auch friedlichere Produkte wie «Viber», eine Kommunikationsapp fürs Handy, stammen aus Minsk.

Doch die politischen Unruhen seit der Präsidentschaftswahl gefährden diese Entwicklung. «Während der Demonstrationen hat die Staatsmacht zum Teil das Internet abgestellt. Das ist für IT-Unternehmen ein riesiges Problem», so Moscheiko.

Tatsächlich haben zahlreiche Software-Firmen angekündigt, dass sie ganz oder zum Teil aus Weissrussland wegziehen wollen.

Rendez-vous vom 31.08.2020

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