Das Verteidigungsdepartement befürchtet, dass der effektive Bestand der Armee in den kommenden Jahren unter die angestrebte Zielmarke sinken wird. Auch beim Zivilschutz klagen die Kantone über Personalsorgen. Und Mitte-Ständerätin Andrea Gmür sagt: «Die internationale Lage hat sich seit Beginn des russischen Angriffskrieges vom 22. Februar 2022 massiv verschlechtert.»
Heute ist klar, dass das Volk auch zu einer Dienstpflicht für Frauen Nein gesagt hat. Jetzt sind wir im Parlament in der Pflicht, andere Wege zu suchen.
Der Ressourcenbedarf von Militär und Zivilschutz prägt die Diskussion, auch im Bundeshaus. Der Service Citoyen hätte auch Frauen in die Pflicht genommen und damit den Rekrutierungspool der Armee auf einen Schlag verdoppelt. Mit dem deutlichen Nein ist die Idee vom Tisch.
GLP-Nationalrat Beat Flach sagt dazu: «Heute ist klar, dass das Volk auch zu einer Dienstpflicht für Frauen Nein gesagt hat. Jetzt sind wir im Parlament in der Pflicht, andere Wege zu suchen.»
Bedarfsorientierte Dienstpflicht oder Sicherheitsdienstpflicht?
Konkret sind dafür zwei Modelle in der Diskussion: Einmal die bedarfsorientierte Dienstpflicht, wie sie etwa Norwegen kennt. Auch da wären Männer und Frauen grundsätzlich dienstpflichtig. Effektiv rekrutiert würde aber nach Bedarf. «Das Norweger-Modell macht eine breitere Auslegeordnung dazu, welche Fähigkeiten man tatsächlich in welchen Diensten braucht. Das ist die Diskussion, die wir führen müssen», sagt Flach.
Ich würde sagen, dass der Einbezug von Frauen in einer Art von Obligatorium wahrscheinlich in den nächsten Jahren schwierig wird.
Allerdings sagt der Militärsoziologe der ETH Zürich, Tibor Szvircsev Tresch, nach dem deutlichen Ergebnis der Service-Citoyen-Initiative: «Ich würde sagen, dass der Einbezug von Frauen in einer Art von Obligatorium wahrscheinlich in den nächsten Jahren schwierig wird.»
Wir sind zum Schluss gekommen, dass die Sicherheitsdienstpflicht die Probleme schneller löst.
Die Alternative ist eine sogenannte Sicherheitsdienstpflicht. Sie sieht vor, dass der Zivildienst und der Zivilschutz zu einem Katastrophenschutz fusioniert werden. Daneben bestünde die Armee. Das Parlament favorisiert diese zweite Option. Auch Mitte-Ständerätin Gmür zieht diese Option vor: «Wir sind zum Schluss gekommen, dass die Sicherheitsdienstpflicht die Probleme schneller löst.»
Allerdings gibt der Militärsoziologe der ETH zu bedenken, mit dem Sicherheitsdienst werde niemand zusätzlich für die Armee rekrutiert. Entscheidend sei hier, wie die Abgänge zum Zivildienst zugunsten der Armee reduziert werden können. Das Parlament hat dafür Verschärfungen beschlossen. Sollte das von linker Seite ergriffene Referendum erfolgreich sein, wird sich das Volk dazu äussern können.
Orientierungstag für Frauen
Und es steht noch eine weitere Abstimmung zu Dienstpflichten an: Der Orientierungstag soll künftig für Frauen obligatorisch werden. Auch dafür braucht es den Segen des Stimmvolks. Szvircsev Tresch hält allerdings nach dem Abstimmungssonntag fest: «Wenn nur 16 Prozent der Stimmberechtigten einem allgemeinen Dienst, in den Frauen einbezogen werden, zustimmt, wird auch ein obligatorischer Orientierungstag Schwierigkeiten haben.»
Das deutliche Nein zum Service Citoyen stützt im Parlament die Präferenz für die neue Sicherheitsdienstpflicht. Herausforderungen rund um die personelle Alimentierung von Armee und Zivilschutz würden damit aber nur teilweise beantwortet. Nach dem heutigen Abstimmungssonntag stellt sich vielmehr die Frage, ob selbst neue Pflichten für Frauen, die deutlich weniger weit gehen, beim Stimmvolk durchfallen könnten.