- Wäre bereits Anfang August abgestimmt worden, hätten sich 60 Prozent der befragten Stimmberechtigten für die E-ID ausgesprochen, so die 1. SRG-Umfrage zur Abstimmung vom 28. September 2025.
- Laut dem Forschungsinstitut GFS Bern ist insbesondere das Regierungsvertrauen entscheidend bei den Stimmabsichten.
- Weil das Stimmvolk bereits 2021 über eine E-ID abgestimmt hat und die Argumente schon stark verankert sind, ist die Meinungsbildung vergleichsweise fortgeschritten.
Via App auf dem Smartphone amtliche Dokumente bestellen oder auch etwa ein Bankkonto eröffnen – das soll in der ganzen Schweiz mit einer elektronischen Identitätskarte (E-ID) möglich sein. Sie ist laut Gesetzestext freiwillig und gratis. Die Kantone könnten allerdings eine Gebühr für die Identifikation verlangen. Im Unterschied zur Vorlage von 2021 handelt es sich nun um ein staatliches Angebot.
Am stärksten prägen die Parteibindungen die frühen Haltungen. Klare Unterstützung kommt von den Anhängerinnen und Anhängern der GLP, der Mitte, der FDP und der SP, die mehrheitlich hinter dem E-ID-Gesetz stehen. Ebenfalls positiv eingestellt sind die Grünen-Basis und Parteiungebundene, wenn auch zurückhaltender.
Klar skeptisch zeigt sich hingegen die SVP-Basis, welche die Vorlage klar ablehnt. Die Stimmabsichten der Parteibasen stehen damit in Einklang mit den bisher bekannten Parolen der jeweiligen Mutterparteien.
Der Hauptkritikpunkt von 2021 wurde mit der neuen Vorlage eigentlich aus dem Weg geräumt.
«Das Thema ist relativ übersichtlich», sagt Martina Mousson von GFS Bern. Das Vorhaben geniesse breite Zustimmung. Denn: «Der Hauptkritikpunkt von 2021 wurde mit der neuen Vorlage eigentlich aus dem Weg geräumt.» Die staatliche Lösung anstelle der Abhängigkeit von privaten Unternehmen sticht so auch als wichtigstes Ja-Argument hervor.
Doch das Nein-Lager beschäftigt weiterhin eine mögliche Benachteiligung weniger digital affiner Gruppen und allfällige Missbrauchsrisiken. Mousson: «Das stärkste Argument für das Nein-Lager ist, dass die E-ID unsicher sei und die Privatsphäre nur ungenügend schütze.»
Vertrauensfrage hat grosse Relevanz
Das Konfliktmuster bei der E-ID ist eng mit Fragen des institutionellen Vertrauens verbunden. Stimmberechtigte mit hohem Vertrauen in die Regierung sprechen sich deutlich dafür aus. Wer der Regierung misstraut, lehnt die Vorlage hingegen ab. «Atypisch bei dieser Vorlage ist, dass die Mobilisierung der Regierungsmisstrauischen höher ist als die Personen mit Vertrauen in die Regierung», sagt Mousson.
Die Polarisierung ist zudem anhand der Bildungsgruppen erkennbar: Teilnahmewillige mit tiefer Bildung sind mehrheitlich gegen die E-ID, solche mit mittlerer Bildung knapp für und solche mit hoher Bildung deutlich für die E-ID. Mousson sieht hier «einen deutlichen Graben».
Auch zwischen den Geschlechtern und nach Alter bestehen Unterschiede, auch wenn eher gradueller Natur. Männer sprechen sich häufiger für das Gesetz aus, während Frauen zurückhaltender sind. Schliesslich nimmt die Zustimmung mit dem Alter ab. Sie bleibt zwar selbst in der Gruppe der über 64-Jährigen mehrheitlich, doch die Jüngeren sind laut Mousson «ein wenig euphorischer».
Welche Sichtweise sich durchsetzt, bleibt offen. Dominiert der Nutzenaspekt, verbunden mit glaubwürdigem Datenschutz, dürfte sich die Zustimmung verstärken – und eine deutliche Annahme resultieren. Sollte hingegen die Problemsicht an Gewicht gewinnen, könnte die Vorlage stärker polarisieren – ein Risiko, auf das die kürzlich gefasste Nein-Parole der SVP hinweist.