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Albulatal in Graubünden Der Bergüner Bär in der Fotofalle

In Mittelbünden hinterlässt ein Jungbär verschiedene Spuren. Er befindet sich auf Junggesellenwanderschaft und kommt höchstwahrscheinlich aus Italien.

Der Bär ist da. Wieder einmal. Auf der Website des Kantons Graubünden kann man die aktuelle Wanderungsbewegung des Bären oder gar der Bären mitverfolgen. Insgesamt listet der Kanton 15 entdeckte Spuren aus diesem Frühjahr auf. Dabei handelt es sich unter anderem um visuelle Beobachtungen, Kotspuren und Bilder aus Fotofallen.

Erste Spuren und Kotstellen wurden bereits Ende April im Val S-charl entdeckt, nördlich des Val Müstair, im Osten des Kantons. Ende Mai ist der Bär dann im Engadin zweimal in eine Fotofalle getappt.

Die Wanderschaft ging weiter, bis er nach Mittelbünden ins Albulatal kam. Letzten Samstag wurde ein Kothaufen bei Filisur entdeckt. Am Dienstag hat ihn dann die Fotofalle erwischt. Diesmal weiter oben im Albulatal, in der Nähe von Bergün.

Ob es sich um einen Bären handelt oder gar mehrere, ist nicht ganz geklärt.

Bär läuft im Gras.
Legende: Das ist der Bär, der im Albulatal auf Wanderschaft ist. Dieses Bild stammt aus einer Fotofalle in der Nähe von Bergün. Es wurde am Dienstag aufgenommen. Kanton Graubünden

«Wir gehen davon aus, dass der Bär über das Oberengadin den Weg ins Albulatal und Surses gefunden hat», sagt Arno Puorger, Abteilungsleiter für Grossraubtiere im Amt für Jagd und Fischerei des Kantons Graubünden, gegenüber der «Südostschweiz».

Jungbären, einmal ausgewachsen, werden von der Mutter fortgejagt. Die Männchen gehen auf Wanderschaft und suchen sich einen eigenen Lebensraum. Die Jungbären aus dem Trentino (I) überschreiten immer wieder mal die Landesgrenzen und kommen in die Schweiz. Das sei nicht ungewöhnlich, erklärt Wildtierexperte Sven Buchmann von Kora, einer Stiftung, die sich mit Forschungsprojekten und Monitoring von Grossraubtieren auseinandersetzt.

Ein Gast aus Italien

Der Bär in der Schweiz ist also ein Tourist, ein vorübergehender Gast. Dass er sich aber bis nach Mittelbünden vorwagt, sei eher selten, sagt Kora-Wildtierexperte Sven Buchmann – komme aber ab und zu vor.

Wichtig, dass man diese Nahrung aus Siedlungsabfällen vom Bären fern hält.
Autor: Sven Buchmann Wildtierexperte

Die Jungbären kommen im Frühling in die Schweiz. Sie finden hier in den Alpen Nahrung und ein mögliches Habitat. Was ihnen hierzulande aber fehlt, ist ein Weibchen. Weil sie hier keines finden, wandern sie dann auch wieder weiter. Seit über 100 Jahren habe sich der Bär in der Schweiz nicht fortgepflanzt, sagt Buchmann.

«JJ3» – vom Problembären zum Risikobären

Bären sind eigentlich scheue Tiere. Wenn sie den Menschen hören oder riechen, ziehen sie sich zurück. Einzelne Bären können aber ein problematisches und für den Menschen gefährliches Verhalten entwickeln. So musste 2008 der Bär «JJ3» abgeschossen werden.

Schwarz-Weiss-Bild eines Bären bei Nacht.
Legende: JJ3 wurde vom Problembären zum Risikobären. Er suchte Nahrung in Abfallbehältern in Siedlungen und liess sich nicht mehr vergrämen. Nicht einmal Gummischrott und Knallpetarden halfen. Keystone / Kanton Graubünden

Für Sven Buchmann gibt es zwei Risikofaktoren, dass Bären ein problematisches Verhalten entwickeln. Wenn zum einen die Mutter bereits ein problematisches Verhalten zeige, übernehme dies unter Umständen der Jungbär. Andererseits seien Bären anpassungsfähig und könnten lernen, Siedlungsabfälle als Nahrung zu nutzen. So könnten sie dann die Scheu vor dem Menschen verlieren. «Darum ist es wichtig, dass man diese Nahrungsquellen vom Bären fern hält», sagt Buchmann.

Die Alpen – das perfekte Habitat für den Braunbären

Der jetzt entdeckte Jungbär zeigt keine Anzeichen eines problematischen Verhaltens. Ob der Braunbär grundsätzlich in der Schweiz wieder heimisch wird, ist offen. Gemäss Wildtierexperte Buchmann ist ein passendes Habitat in den Alpen vorhanden. Eine offene Frage ist, ob die jeweilige Bevölkerung vor Ort dazu bereit ist. Sie muss es schlussendlich wollen.

Und was will eigentlich der Bär? Die Antwort ist klar: Solange er hier keine Partnerin findet, bleibt er nur auf Durchreise in der Schweiz.

Regionaljournal, 6.6.2025, 17:30 Uhr; wilh

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