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E-Projekte in der Schweiz Darum harzt es mit der Digitalisierung

Die Schweiz tut sich schwer mit E-Projekten. Das hat mit Bequemlichkeit zu tun – und mit Skepsis in gewissen Kreisen.

Grosse Digitalisierungsprojekte des Bundes harzen. Einige brauchen mehrere Anläufe wie die elektronische Identitätskarte, E-ID. Oder das elektronische Patientendossier: Es ist seit bald 20 Jahren selber ein Patient.

Immerhin: Unter dem neuen Namen «Gesundheitsdossier» soll dieses in ein paar Jahren automatisch an die Bürgerinnen und Bürger verteilt werden. Auch E-Voting, das digitale Abstimmen und Wählen, kommt seit Jahren nicht vom Fleck.

Analog geht ja auch

Am Know-how liege es nicht, sagt Andréa Belliger. Sie ist Expertin für digitale Transformation am Institut für Kommunikation und Führung in Luzern. «Wir sind im Analogen immer noch so erfolgreich, dass wir nicht digitalisieren müssen.»

Wenn Wohlstand ohne Digitalisierung nicht mehr möglich sein wird, werden wir sehr schnell sein.
Autor: Andréa Belliger Exptertin für digitale Transformation in Luzern

Bei der Digitalisierung ist die Schweiz paradox unterwegs: Einerseits wird sie international als Weltmeisterin im Forschen und Denken angesehen – «aber eben nicht im Umsetzen», so Belliger. Das werde sich erst ändern, wenn der hohe Lebensstandard in der Schweiz unter dem Analog-Sein leiden wird.

«Wenn Wohlstand ohne Digitalisierung nicht mehr möglich sein wird, werden wir sehr schnell sein – wie immer, wenn es tatsächlich drauf ankommt», ist Belliger überzeugt.

Dass E-Projekte nicht zum Fliegen kommen, hat für Professorin Belliger nichts mit fehlendem Vertrauen der potenziellen Nutzer und Nutzerinnen zu tun. Allerdings sei die Digitalisierung elementar – und so zentral wie Strom und Wasser. Dabei müsse man jedoch in kleinen Schritten vorwärtsgehen und das Fuder nicht überladen.

Kritiker: Freiwilligkeit ist wichtig

Als Beispiel für kleine nützliche Digitalprojekte nennt der Anwalt Martin Steiger die Steuererklärung. Der Anwalt für Recht im digitalen Raum und Sprecher der Digitalen Gesellschaft sieht allerdings grundsätzlich vieles anders als Professorin Belliger.

Steigers Verein setzt sich für die Grundrechte der Menschen in der vernetzten Welt ein. Er kämpft gegen Zwang und Digitalisierung um jeden Preis. Das Problem, dass Oldtimer wie E-Voting oder das Patientendossier harzen, könne nicht mit Druck gelöst werden, betont er.

Beim Digitalen sollten wir möglichst viel Freiwilligkeit haben.
Autor: Martin Steiger Anwalt, Sprecher der Digitalen Gesellschaft

«Diese Projekte stammen aus einer ganz anderen Zeit – und es gelingt nicht, einen Neuanfang nach modernen Grundsätzen zu starten», sagt Steiger.

Mit dem neuen Namen Gesundheitsdossier und der automatischen Verteilung an die ganze Bevölkerung gehe der Neustart in die falsche Richtung. «Wir sollten möglichst viel Freiwilligkeit haben», betont er. Und wenn der Staat in einem Bereich trotzdem Zwang anwenden müsse, sollte dies ausschliesslich auf direktdemokratischer Grundlage geschehen.

E-Voting: Sogar gefährlich?

Vom digitalen Abstimmen hält Steiger gar nichts. E-Voting sei und bleibe unsicher. Und die Schweiz setze damit bloss ihre direkte Demokratie aufs Spiel. Denn E-Voting ermögliche es auch demokratiefeindlichen Akteuren, Einfluss zu nehmen auf Volksentscheide.

Konkret befürchtet Steiger die Einmischung durch fremde Regierungen oder von Kriminellen. Sie könnten Wahlen und Abstimmungen in der Schweiz zu ihren Gunsten beeinflussen.

Und so dürfte der Fortschritt bei der Digitalisierung in der Schweiz weiterhin harzig bleiben. Zu unterschiedlich sind die Meinungen und Ansätze für einen einheitlichen Weg.

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Rendez-vous, 11.11.2025, 12:30 Uhr;liea

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