Petra Gössi hat am Montag ihren Rücktritt per Ende Jahr verkündet. Was bedeutet der Abgang der Präsidentin der FDP Schweiz für die Frauen in der Partei? Susanne Vincenz-Stauffacher, Präsidentin der FDP Frauen, bedauert ihn, sieht aber durchaus Potenzial für eine erneute Frauenkandidatur. Bis am 15. August können sich interessierte Kandidatinnen und Kandidaten melden.
SRF News: Bedauern Sie den Rücktritt von Petra Gössi?
Ja, sehr. Es war eine Überraschung und es hat mich betroffen gemacht. Und ich muss gestehen, auch ein Stück weit traurig.
Wieso?
Petra Gössi war eine Integrationsfigur, auch für mich persönlich. Als sie Präsidentin wurde, war ich noch nicht Parlamentarierin in Bern. Als sie dieses Amt annahm, auch mit ihrer Art, mit ihren Werten, die sie in die Partei hineingetragen und nun auch sichtbar gemacht hat, zum Beispiel die Umwelt- und Klimapolitik, hat sie für mich diese FDP gespiegelt, die mir selber sehr wichtig ist, mit der ich gross geworden bin. Ein Stück weit hat sie mich auch motiviert, mich für ein Amt auf nationaler Ebene zur Verfügung zu stellen.
Wie wichtig war Petra Gössi als Parteipräsidenten für die FDP Frauen?
Sie war und ist wichtig für uns, einfach auch aufgrund ihres Geschlechts. Dass sie als Frau eine so grosse, staatstragende Partei präsidiert, macht sie zum Vorbild und gibt den Frauen auch Sichtbarkeit. Es war ihr auch immer wichtig, was die FDP Frauen für eine Position einnehmen. Wir waren für sie nicht einfach eine weitere Sektion, sondern wir haben auch persönlich einen intensiven Austausch gepflegt.
Petra Gössi hat mich ein Stück weit auch motiviert, mich für ein Amt auf nationaler Ebene zur Verfügung zu stellen.
Es war ihr jeweils auch wichtig, welche Parolen wir fassen, auch wenn es eine andere war als die nationale FDP. Beispielsweise beim Vaterschaftsurlaub haben die FDP Frauen eine einstimmige Ja-Parole gefasst. Die nationale FDP sagte mit einer Stimme Unterschied knapp Nein. Das war für sie kein Problem.
Fünf Jahre leitete eine Frau die Partei. Ist es wieder Zeit für einen Mann?
Das könnte man so sagen. Im Sinne von: Wir machen das alternierend. Auf der anderen Seite würde ich jetzt behaupten, wenn man die ganze Geschichte der FDP Schweiz anschauen würde und alle Jahre zusammenzählt, in welchen sie von einem Mann geleitet wurde und in welchen von einer Frau; ich glaube, da dürften wir mit Fug und Recht noch einmal von einer Frau geführt werden.
Welche Frauen kommen aus Ihrer Sicht infrage?
Es ist zu früh, um Namen zu nennen. Man muss bedenken, das ist alles noch ganz frisch. Wir haben gestern von Petra Gössis Entscheid erfahren. Es laufen natürlich Überlegungen, Gespräche und so weiter. Es wird jetzt ein Prozess gestartet mit einer Findungskommission. Mir persönlich ist es wichtig, dass die FDP Frauen in irgendeiner Form in dieser Findungskommission vertreten sind. Dann wird sich zeigen, wie sich das Kandidierendenfeld präsentiert.
Überlegen Sie sich selbst eine Kandidatur?
FDP-Frauen-Präsidentin zu sein, ist eine unheimlich spannende Aufgabe, mit der es mir sehr wohl ist. Wir haben noch viele Projekte vor uns. Aktuell stemmen wir eine Volksinitiative zur Einführung der Individualbesteuerung. Also ich bin nicht wirklich auf der Suche nach einer neuen Herausforderung.
Wäre eine Doppelparteispitze eine Option?
Das ist eine interessante Überlegung. Wir Bürgerlichen sind noch nicht so geübt mit Co-Präsidien. Aber wenn ich schaue, was Petra Gössi in den letzten fünf Jahren gestemmt hat – wir sind Milizlerinnen und Milizler. Vor diesem Hintergrund hätte ein Co-Präsidium durchaus Potenzial. Das wäre zu prüfen.
Das Gespräch führte Christina Scheidegger.