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Statt null künftig 1.5 Prozent Gewerbe kritisiert Zins für Covid-Kredite scharf

Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer wirft dem Bundesrat Wortbruch vor – der Gewerbeverband spricht von Unredlichkeit.

Im Lockdown hielten unter anderem Tausende Wirtinnen und Wirte ihre Restaurants mit Covid-Krediten über Wasser. Im Schnitt geht es um 100'000 Franken pro Betrieb. Dass man darauf jetzt Zins bezahlen müsse, sei eine Belastung, sagt Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer. Und auch die Teuerung sei schon sehr hoch.

Zinsen werden erhöht

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Am vergangenen Mittwoch hatte der Bundesrat mitgeteilt, dass per Ende März erstmals Zinsen für Covid-19-Kredite von weniger als einer halben Million Franken eingeführt werden. Neu müssen für diese Kredite 1.5 Prozent Jahreszins entrichtet werden. Für Kredite von über 500'000 Franken steigt der Zins von bisher 0.5 auf 2 Prozent.

Die Covid-Kredite kommen von den Banken, den Zins legt der Bundesrat jährlich fest. Wirte-Vertreter Platzer sieht sich getäuscht vom Bundesrat. Der damalige Finanzminister Ueli Maurer habe während der Pandemie versprochen, dass der Bundesrat die Interessen des Gewerbes beim Zinssatz berücksichtigen werde.

Konkret sagte Bundesrat Maurer im Oktober 2020 im Nationalrat:

Der Bundesrat wird sich bei einer Interessenabwägung mit Sicherheit zugunsten von 100'000 KMUs entscheiden und nicht zugunsten von 123 Banken.
Autor: Ueli Maurer Finanzminister im Oktober 2020

Für Platzer bricht der Bundesrat jetzt das Versprechen, das er damals gemacht hatte.

Zinsumfeld hat sich verändert

Das stimme nicht, antwortet Martin Godel. Er spricht als zuständiger Ressortleiter im Staatssekretariat für Wirtschaft Seco für den Bundesrat. Die Situation habe sich geändert, sagt Godel. Die Zeiten der Negativzinsen und die Probleme der Corona-Zeit seien vorbei. «Wir gehen davon aus, dass das für die Unternehmen tragbar ist.

Tische und Stühle aufgetürmt vor einem Restaurant.
Legende: Mit dem vom Bundesrat verordneten Lockdown Mitte März 2020 mussten die Restaurants schliessen. Viele von ihnen konnten nur dank grosszügigen Covid-Krediten überleben. Keystone/Peter Klaunzer

Mit dem neuen Zinssatz verdienten die Banken nichts, sagt Godel. Denn sie beziehen das Geld für die Kredite bei der Nationalbank SNB und müssen dort ebenfalls 1.5 Prozent Zins bezahlen, den sogenannten Leitzins. Das überzeugt Gastrosuisse-Präsident Platzer nicht – und schon gar nicht nach den Milliarden-Garantien für UBS und CS.

Kritik auch vom Gewerbeverband

Der Bundesrat muss sich laut den offiziellen Vorgaben «unter anderem am Leitzins» orientieren. Da bleibe durchaus Spielraum für eine weniger starke Zinserhöhung, sagt der Direktor des Gewerbeverbands, Hans-Ulrich Bigler.

Man stellt die Grossen tendenziell immer besser als die Kleinen.
Autor: Hans-Ulrich Bigler Präsident des Gewerbeverbands

Biglers Kritik ist grundsätzlicher Natur: «Man misst mit ungleichen Ellen und stellt die Grossen tendenziell immer besser als die Kleinen.»

Bigler stört sich an einem weiteren Punkt: Der Bundesrat begründet seinen Zinsentscheid nicht nur mit Wirtschaftslage und Leitzins. Die Landesregierung will auch die Rückzahlung der insgesamt noch ausstehenden zehn Milliarden Franken beschleunigen. Der Zins werde «einen Anreiz setzen, Kredite zurückzuzahlen, wenn es für das Unternehmen möglich ist», sagt Godel vom Seco.

Der Bundesratsentscheid ist fix

Das sei unredlich, erwidert Gewerbe-Vertreter Bigler: «Man hat zu Beginn von einer Laufzeit von acht Jahren gesprochen. Deshalb geht es nicht, jetzt zu sagen, man hätte gern, dass die Kredite möglichst rasch zurückgezahlt werden.»

Der Bundesratsentscheid lässt sich allerdings nicht mehr umstossen. Ladenbesitzerinnen, Bauunternehmer oder Wirte: Über 100'000 Unternehmerinnen und Unternehmer im Land haben derzeit noch einen Covid-Kredit. Doch die Gratis-Hilfe von einst kostet jetzt etwas.

Echo der Zeit, 3.4.2023, 18:00 Uhr

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