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Sturzflut in den USA Könnte eine Flutkatastrophe wie in Texas auch hier passieren?

Die Gefahr von Sturzfluten dürfte auch hierzulande steigen – allerdings unter anderen Vorzeichen, sagen zwei Experten.

Eine Sturzflut in Texas hat über 90 Menschen in den Tod gerissen, Dutzende weitere werden noch vermisst. Am Freitag hatten sich mehrere Flüsse innert kürzester Zeit in reissende, tödliche Ströme verwandelt.

Der Pegel des Guadalupe-Flusses war in 45 Minuten auf über acht Meter angeschwollen, überschwemmte ganze Strassen, riss Bäume um, spülte Autos weg und zerstörte ganze Häuser. Viele Menschen würden völlig überrascht – einige sogar im Schlaf.

Trockene Böden erhöhen Gefahr von Sturzfluten

Dass sich eine Sturzflut wie aus dem Nichts zusammenbrauen kann, gehört zu ihrer Natur. Ihr schnelle, unberechenbare Art unterscheidet sie von einem gewöhnlichen Hochwasser, sagt Mauro Hermann von SRF Meteo.

Sturzflut im US-Bundesstaat Texas

«Je nach Fluss- oder Bachlauf kann es innert weniger als einer Stunde zu einem Anstieg der Pegel kommen», so der Meteorologe. Der Guadalupe-Fluss in Texas sei innert 90 Minuten gar um mehrere Meter angestiegen. «Bei der Flutkatastrophe im deutschen Ahrtal vor vier Jahren stieg der Pegel zeitweise um mehr als eine Stunde.»

Die Klimaerwärmung fördere solche Sturzfluten wohl – und zwar auf zweierlei Art. «Im Sommer kommt es vielerorts zu längerer Trockenheit. Die trockenen Böden können das Wasser dann schlechter aufnehmen. Gleichzeitig ist der Regen durch das wärmere Klima intensiver. Diese Kombination führt eher Sturzfluten.»

Schweiz: Kleine Flüsse und Wildbäche als Gefahr

Das Plötzliche, das Überraschende ist den Menschen in Texas zum Verhängnis geworden. In den USA werden nun Stimmen laut, die ein Behördenversagen vorliegen sehen wegen Kürzungen beim Personal auf Bundesebene seit der Amtseinführung von Donald Trump. Laut USA-Korrespondentin Barbara Colpi handelt es sich dabei bislang aber um Spekulationen.

Sturzfluten gibt es auch in der Schweiz. Vor rund drei Jahren etwa im Emmental, als ein Hotel verwüstet wurde.

Der Geograf Andreas Zischg vom Geografischen Institut der Universität Bern erklärt, dass die Gefahr hierzulande generell eher von kleinen Wildbächen als von den grossen Flüssen ausgehe. «Bei kleinen Flüssen kann es schon nach einer Stunde starkem Regen unten im Tal zu Überflutungen kommen.»

Luftaufnahme von überfluteten Häusern und Bäumen.
Legende: Unter den Todesopfern der Sturzflut in Texas befinden sich auch mehrere minderjährige Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Sommercamps. Offenbar waren sie zuvor nicht gewarnt worden. IMAGO / Anadolu Agency

Die hiesigen Behörden arbeiteten mit Wettervorhersagemodellen und seit neuem auch mit einem Trockenheitsmonitoring. Diese Mittel würden relativ gut funktionieren, erklärt Zisch. Doch die Kleinräumigkeit des Landes habe ihre Tücken. «Ob eine einzelne Gewitterzelle nördlich öder südlich eines Gipfels durchzieht, ist schwierig vorherzusagen. Und je nachdem trifft es dann den nördlichen oder südlichen Teil eines Tals.»

Frühwarnsystem für Campingplatz-Betreiber

In den vergangenen Jahrzehnten sei die Anzahl der Menschen, die bei Überschwemmungen ums Leben gekommen sind, weltweit zurückgegangen, erklärt der Experte. Die Flutkatastrophen in Ahrtal, Valencia und nun in Texas hätten die Gefahr, die von solchen riesigen Wassermassen ausgehe, wieder in Erinnerung gerufen.

In der Schweiz stünde den Behörden mit der Alertswiss-App ein bewährtes Mittel zur Frühwarnung zur Verfügung, sagt Zischg. Aber es gäbe es auch Situationen, in denen man sich nicht darauf verlassen könne. Zisch und sein Team arbeiten deshalb in einem Pilotprojekt daran, Campingplatzbetreiber gezielt über die Gefahren durch naheliegende Gewässer zu warnen. «Die Betreiber von solchen Anlagen haben auch eine gewisse Verantwortung», sagt er.

Mitarbeit: Reena Thelly, Marc Allemann

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