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Urteil im Fall «Carlos» Gericht verordnet stationäre Massnahme für Brian

  • Das Zürcher Bezirksgericht hat entschieden, den 24-jährigen Kampfsportler zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 9 Monaten zu verurteilen.
  • Diese Strafe wird jedoch zugunsten einer stationären Massnahme aufgeschoben.
  • Brians Vorgeschichte wirkte sich strafmildernd aus, das Gericht gewichtete jedoch seine Vorstrafen und sein Delinquieren stärker.
  • Er bleibt in Sicherheitshaft – mindestens bis am 6. Mai 2020.

Das Gericht verurteilte Brian wegen versuchter schwerer Körperverletzung, Körperverletzung, Sachbeschädigung, Drohung gegen Behörden und Beamte und Beschimpfung. Zusätzlich zu der Freiheitsstrafe verhängte das Gericht eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu 10 Franken.

Er muss sich bewusst sein, dass die Zeit der Jugendstrafen vorbei ist.
Autor: Richter

Insgesamt war Brian wegen 29 Delikten angeklagt. Für jedes der Delikte ist eine Freiheitsstrafe vorgesehen, ausser für die Beschimpfung. Da Brian bereits gleiche Delikte begangen hatte und dafür bestraft wurde, wirkte sich seine Uneinsichtigkeit und Renitenz laut Gericht straferhöhend aus. Zudem erfolgten die Delikte während einem laufenden Strafvollzug.

«Carlos» will Brian genannt werden

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Die Schweiz kennt «Carlos», den jungen Straftäter. Er heisst mit richtigem Namen jedoch Brian und möchte auch so genannt werden. Brian sitzt in einer Sicherheitszelle der Strafanstalt Pöschwies.

Im Gegenzug wirkten sich die schwierigen persönlichen Verhältnisse von Brian strafmildernd aus, so das Gericht. Er erlebte schwierige Erfahrungen mit der Justiz, Abbruch des Sondersettings, harte Behandlung im Gefängnis Pfäffikon und in der Psychiatrie. Auch die grosse mediale Aufmerksamkeit und seine Geständnisse wirkten sich strafmildernd aus.

Vorstrafen gewichtiger als Brians Vorgeschichte

Bereits als 7-Jähriger habe Brian aber provozierendes Verhalten gezeigt. Als 8-Jähriger habe er andere Kinder in der Schule zusammengeschlagen. In den Akten gab es Notiz zu einem Vorfall 2009: Brian habe bemerkt, dass wenn er nur lange genug provoziert, er seinen Willen erhalte.

Das Gericht sah ein Muster, das lange vor dem Sondersetting und problematischen Vorfällen in Gefängnissen begann. Angesichts dieser Vorgeschichte konnte das Gericht die These, die heutigen Delikte seien eine Folge der Justizfehler, nicht teilen. Brian sei selber verantwortlich für sein Verhalten. Vorstrafen und weiteres Delinquieren von Brian während laufendem Strafvollzug seien stärker zu gewichten als seine Vorgeschichte.

«Kleine Verwahrung» nach Artikel 59 StGB

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Bei der «kleinen Verwahrung» handelt es sich um eine stationäre therapeutische Massnahme nach Artikel 59 im Strafgesetzbuch. Ein Gericht kann sie anordnen, wenn ein Täter psychisch schwer gestört ist, die Tat mit dieser Störung in Zusammenhang steht und zu erwarten ist, dass sich durch die therapeutische Massnahme weitere Taten verhindern lassen. Eine solche stationäre Behandlung in einer psychiatrischen Einrichtung oder im Massnahmenvollzug dauert in der Regel maximal fünf Jahre. Das Gericht kann jedoch eine solche Massnahme auf Antrag der Justizvollzugsbehörde jeweils um weitere fünf Jahre verlängern.

Das Gericht stützte sich beim Urteil auf ein Gutachten. Dieses hatte bei Brian eine dissoziale Persönlichkeitsstörung mit ausgeprägt psychopathischen Wesenszügen festgestellt. Es gebe einen Zusammenhang zwischen der Erkrankung und den Taten.

Ambulante Massnahme zu wenig wirksam

Die Prognose für eine Rückfallgefahr für gleichartige Gewaltdelikte sei ungünstig, die Wahrscheinlichkeit für schwere Körperverletzung in den nächsten fünf Jahren ist laut dem Gutachten bei 76 Prozent.

Das sagt der Staatsanwalt

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Er sei mit dem Urteil grundsätzlich zufrieden, meint Staatsanwalt Ulrich Krättli. «Das Gericht hat die Taten, welche ich angeklagt habe, rechtlich gleich gewürdigt.» Er könne aber nachvollziehen, wieso Artikel 59, also eine stationäre Massnahme, angewendet wurde. «Um dem Beschuldigten eine Chance zu geben.»

Laut seiner Einschätzung seien alle Voraussetzungen für eine ordentliche Verwahrung gegeben gewesen. Und: «Nach Ansicht des Gutachters war der Beschuldigte nicht therapiewillig.»

Laut dem Bezirksgericht wäre eine ambulante Massnahme für Brian zu wenig wirksam und wegen hoher Rückfallgefahr wären unverhältnismässig hohe Sicherheitsvorkehrungen nötig. Brian habe keine Ausbildung, keinen Job und ein Sondersetting sei für Erwachsene nicht vorgesehen.

Deshalb sah das Gericht keine milderen Massnahmen vor und die Voraussetzungen für Art. 59 gegeben. Das einzige Problem sei die kleine Bereitschaft bei Brian, mitzumachen. Mangelnde Einsicht gehöre aber bei psychischen Erkrankungen häufig dazu, erklärt das Gericht.

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