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Weissrussland Tiana Moser: «Sanktionen gegen Schlüsselpersonen wären ein Weg»

Die Staats- und Regierungschefs der EU beraten heute Mittwoch an einem Sondergipfel die Lage in Weissrussland, nachdem sie bereits am Freitag neue Sanktionen initiiert haben. Die EU wirft Lukaschenko offen vor, die Wahl gefälscht zu haben und die Meinungs- und Versammlungsfreiheit einzuschränken. Was sagt die Schweiz dazu? Tiana Angelina Moser präsidiert die aussenpolitische Kommission des Nationalrats und erläutert die Haltung der Schweiz.

Tiana Angelina Moser

Nationalrätin (GLP/ZH)

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Tiana Angelina Moser politisiert seit 2007 für die Grünliberalen im Nationalrat. Sie studierte Staatsrecht, Umwelt- und Politikwissenschaften, arbeitete an der ETH und im Ausland. Die 44-Jährige lebt mit ihren Kindern in der Stadt Zürich.

SRF News: Wäre es nicht an der Zeit, dass auch die Schweiz Stellung bezieht?

Tiana Angelina Moser: Die Schweiz hat sich insofern positioniert, indem sie gefordert hat, dass die Menschenrechte gestärkt werden müssen. Sie setzt auf Dialog und sagt, man müsse gewaltfrei auf diese Demonstrationen reagieren. Es ist üblich für die Schweiz, dass sie diese Haltung einnimmt.

Wie beurteilen Sie als Aussenpolitikerin die Vorgänge in Weissrussland?

Die Situation ist sehr angespannt. Die Demonstrationen haben eine starke Dynamik angenommen. Sie umfassen die ganze Bevölkerung. Die Härte von Lukaschenko ist sicherlich besorgniserregend und es nicht davon auszugehen, dass diese Proteste ohne Reaktion seinerseits abnehmen werden.

Die Schweiz soll eine eigenständige Analyse der Situation machen, aber auf keinen Fall als Umgehungsplattform von Sanktionen dienen.

Die EU hat bereits neue Sanktionen auf den Weg gebracht. Wie sieht das Ihre Kommission?

Sanktionen sind vorsichtig anzugehen, weil das Risiko besteht, dass die Bevölkerung davon betroffen ist und nicht die Regierung. Nichtstun wäre im Falle einer Reaktion der EU nicht die Antwort der Schweiz. Die Schweiz soll eine eigenständige Analyse der Situation machen, aber auf keinen Fall als Umgehungsplattform von Sanktionen dienen.

Erst vergangenes Jahr wurde die Schweizer Vertretung in Minsk zu einer Botschaft aufgewertet. Ist das der Grund für dieses vorsichtige Vorgehen?

Die Aufwertung der Beziehungen kann eine Chance darstellen. Man hat einen Fokus gesetzt. Die Schweiz hat immer auf Dialog in solchen Situationen gesetzt. Es ist möglich, dass wir gewisse Kanäle nutzen können, um deeskalierend zu wirken.

Wären Sanktionen gegen Schlüsselpersonen Ihrer Sicht vertretbar?

Das wäre ein möglicher Weg. Aber es ist zu früh zu sagen, ob das dann die Antwort ist.

Die Qualität der Schweiz im globalen Spiel ist, dass wir hinter den Kulissen versuchen, deeskalierend zu wirken.

Die Schweizer Aussenpolitik definiert sich unter anderem über den Dialog. Bringt das in der jetzigen Situation überhaupt etwas?

Wir haben grundsätzlich keine Aussenpolitik, die auf laute Töne setzt. Die Qualität der Schweiz im globalen Spiel ist, dass wir hinter den Kulissen versuchen, Kontakte zu schmieden und deeskalierend zu wirken. Es ist schwierig abzuwägen, was es bringt. Doch die Geschichte hat gezeigt, dass wir mit dieser Art der Positionierung immer wieder einen Beitrag leisten konnten.

Letzte Woche wurde ein Schweizer inhaftiert. Da hat über das Aussenministerium ein Kontakt stattgefunden. Gäbe es weitere Möglichkeiten, in diese Richtung für die Schweiz etwas auszurichten?

Es geht nicht primär darum, für die Schweiz etwas auszurichten. In der Krise um die Ukraine konnte die Schweiz beispielsweise wirklich einen Beitrag leisten. Es ist immer ein Element in einem Zusammenspiel.

Sie sprechen die Erfahrungen im Rahmen der OSZE an. Inwiefern könnte die Schweiz einen Beitrag zum Demokratisierungsprozess in Weissrussland leisten?

Wir sind in einer akuten Krisensituation. Man kann lediglich versuchen, vermittelnd zu wirken. Das ist etwas, das hinter den Kulissen läuft, etwas, das einzelne Diplomaten und Diplomaten machen können.

Das Gespräch führte Salvador Atasoy.

SRF 4 News, 19.08.2020; 06:16 Uhr ; 

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