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Mit Folgen für die Prämien Medikamenten-Hersteller drängen auf höhere Preise

In den USA müssen Pharmafirmen auf Trumps Druck tiefere Preise anbieten – in der Schweiz wollen sie das Gegenteil.

Die Menschen im Land konsumieren mehr und mehr Medikamente. Das beobachtet Martine Ruggli, Präsidentin des Apothekenverbands Pharmasuisse. Man sei es gewohnt, zu behandeln, wenn etwas ist, sagt sie im «Eco Talk». «Also konsumiert man mehr Leistungen und mehr Medikamente.»

Im Schnitt werden diese Medikamente in der Schweiz auch immer teurer. 3.2 Prozent pro Jahr, wie eine international angelegte Studie zeigt, an der die ETH Zürich beteiligt war. Damit steigen die Medikamentenpreise nach Angaben des Bundesamtes für Gesundheit stärker als die Ausgaben für die übrigen medizinischen Leistungen.

Novartis: Ein Schritt Richtung Trump

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Novartis will sein Schuppenflechtmittel Cosentyx in den USA künftig über eine eigene Online-Plattform direkt an Patienten verkaufen. Damit wird der Zwischenhandel mit seinen mächtigen Vermittlern ausgeschaltet. Patienten sollen die Medikamente auf der Plattform mit einem Rabatt von 55 Prozent auf den Listenpreis erhalten.

Cosentyx war vergangenes Jahr mit über 6 Milliarden Dollar Umsatz eines der wichtigsten Medikamente von Novartis. Der Basler Konzern lässt durchblicken, dass man auch mit anderen Medikamenten so verfahren könnte.

Wegen der hohen Pharmapreise sind Novartis und andere internationale Hersteller in den USA zuletzt massiv unter Druck geraten. US-Präsident Donald Trump fordert deutlich tiefere Medikamentenpreise – und droht der Branche mit hohen Zöllen auf importierte Medikamente.

Das hat Folgen für die Prämienzahler – nicht zuletzt in Form steigender Krankenkassenprämien. Die Ausgaben für Medikamente sind der zweitgrösste Kostenblock in der obligatorischen Krankenpflege-Versicherung. Insgesamt werden dort 42.2 Milliarden Franken jährlich ausgegeben, mehr als 9 Milliarden davon für Medikamente.

Tabelle
Legende: So teilen sich die total 42 Milliarden Franken auf, die jährlich in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung ausgegeben werden (Zahlen des Bundesamtes für Gesundheit für 2024). SRF

Geht es nach den Herstellern, steigen die Preise weiter. Der aktuelle Preissetzungs-Mechanismus des Bundesamts für Gesundheit (BAG) funktioniere bei neuen innovativen Medikamenten nicht, kritisiert Ernst Niemack, Geschäftsführer der Vereinigung Pharmafirmen in der Schweiz (Vips).

Niemack fordert ein neues System, bei dem das BAG nicht nur den medizinischen, sondern auch den volkswirtschaftlichen Nutzen berücksichtigt. Letztlich gehe es darum, «dass wir neue innovative Medikamente überhaupt noch in der Schweiz erhalten». Sprich: dass die Hersteller die Medikamente zu genügend hohen Preisen absetzen können.

Der Vergleich mit dem Ausland hat Tücken

Letztlich dürfte eine solche Umstellung die Preise weiter nach oben treiben – genau das hat Novartis-Chef Vas Narasimhan vergangene Woche in der NZZ gefordert: In der Schweiz seien die Medikamentenpreise viel zu tief. Und zwar nicht nur im Vergleich mit den USA, sondern auch mit anderen OECD-Ländern.

Regal mit Medikamentenverpackungen in einer Apotheke.
Legende: Wie teuer dürfen Medikamente sein? Diese Frage ist in der Schweiz ein Dauerbrenner. KEYSTONE/Christian Beutler

Allerdings sei es schwierig, diesen Vergleich im Detail zu überprüfen, sagt Kerstin Noëlle Vokinger, Professorin für Recht und Medizin an der ETH und der Universität Zürich, «weil zahlreiche Länder Geheimrabatte eingeführt haben». In Verhandlungen zwischen Behörden und Pharmafirmen wird nach aussen oft ein offizieller Listenpreis bekannt, nicht aber der effektive Preis nach Abzug eines Rabatts.

Preisüberwacher findet die Preise in der Schweiz zu hoch

Das heutige Preissystem führt nach Ansicht von Vips-Geschäftsführer Niemack dazu, dass immer weniger Medikamente auf den Schweizer Markt kommen. Nur 47 Prozent der von europäischen Behörden zugelassenen innovativen Produkten seien in der Schweiz voll verfügbar.

Betroffen seien etwa junge Biotech-Firmen, die ihren Hauptsitz in der Schweiz haben. «Wenn sie ihre Produkte nicht einmal im Heimmarkt auf den Markt bringen können, dann sinkt die Attraktivität des Standorts Schweiz, dann gehen sie in andere Länder.»

Das BAG vertritt derweil die Auffassung, dass der Zugang zu innovativen Medikamenten in der Schweiz gut sei. Und der Preisüberwacher widerspricht der Aussage, die Medikamentenpreise in der Schweiz seien zu tief. Er hatte vor gut einem Jahr in einem Vergleich mit dem Ausland festgestellt, dass die Schweizer Preise deutlich überhöht seien – und Gegenmassnahmen vorgeschlagen.

Eco Talk, 29.9.2025, 22:25 Uhr

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