Sie «kämpfen» laut Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter «auf der gleichen Seite» gegen die 39-Prozent-Zölle, die die USA der Schweiz auferlegt haben: Spitzenvertreter der Schweizer Wirtschaft haben sich vor dem Gespräch mit US-Aussenminister Marco Rubio mit Keller-Sutter und Wirtschaftsminister Guy Parmelin in Washington beraten.
Das Engagement dieser Wirtschaftskreise sei «bemerkenswert und hilfreich», so Keller-Sutter später. Und: «Wir haben hier wirklich geschlossene Reihen.»
Parmelin sprach an der Medienkonferenz vom Donnerstag denn auch vom «Team Switzerland».
Den Beizug dieser Kreise erklärte Keller-Sutter so: «Sie haben andere Zugänge als wir sie haben und wir sind sehr dankbar für diesen Schulterschluss, auch mit der Wirtschaft.»
Diese Wirtschaftsführer sind das «Team Switzerland»
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Bild 1 von 7. Severin Schwan. Der Verwaltungsratspräsident von Roche hat schon im April angekündigt, 50 Milliarden Dollar in den USA investieren zu wollen. Bildquelle: Keystone/Georgios Kefalas.
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Bild 2 von 7. Alfred (Fredy) Gantner. Dem Milliardär und Mitbegründer von Partners Group, einer in Zug domizilierten Vermögensverwaltungsfirma, werden beste Kontakte in die USA nachgesagt. Das Unternehmen hat seit Juli ein neues Büro in Miami. Bildquelle: Keystone/Anthony Anex.
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Bild 3 von 7. Marcel Erni. Auch der milliardenschwere Co-Gründer von Partners Group soll in den USA bestens vernetzt sein. Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 7. Daniel Jäggi. Der Milliardär, Mitbegründer und Präsident von Mercuria, dem weltweit grössten Rohstoffhändler mit Sitz in Genf, soll ebenfalls über einflussreiche Kontakte verfügen. Das Unternehmen spezialisiert sich auf Gas und Öl. Bildquelle: Getty Images/Bloomberg.
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Bild 5 von 7. Jens Fehlinger. Auch der CEO der Schweizer Airline Swiss könnte die US-Seite milde stimmen: In Wirtschaftskreisen wird gemunkelt, dass über die Lufthansa-Gruppe neue Boeing-Flugzeuge gekauft werden sollen in den USA. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 7. Helene Budliger Artieda. Die Direktorin im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) ist seit der Ankündigung von US-Zöllen auf Schweizer Produkte mit den US-Behörden in Verhandlungen. Bildquelle: Keystone/Peter Klaunzer.
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Bild 7 von 7. Gabriel Lüchinger. Der Chef der Abteilung Internationale Sicherheit im Aussendepartement wurde im April vom Bundesrat zum Sondergesandten für die USA ernannt, dies als Reaktion auf die von den USA angedrohten Zöllen. Bildquelle: Keystone/Gian Ehrenzeller.
Mindestens ein Teil des «Teams» soll allerdings auch konkrete Angebote in der Tasche haben. Mit solchen Investitions-Ankündigungen will der Bundesrat versuchen, das von Donald Trump kritisierte Handelsbilanz-Defizit zu kompensieren.
Unkonventionell und kreativ
«Das ist eine unkonventionelle, aber kreative Idee», sagt Reto Föllmi, Professor für internationale Ökonomie an der Hochschule St. Gallen HSG. Und Verhandlungsexperte Matthias Schranner fügt an: «Üblich ist es nicht – aber es war eine der wenigen Möglichkeiten, das Spiel neu aufzusetzen.» Denn das sieht er als einzige Möglichkeit, damit die Schweiz ihr Gesicht wahren könne: «Alles auf null setzen, neue Verhandlungen.»
Für kreativ hält Föllmi vor allem, dass diese Wirtschaftsführer direkt mit der US-Seite in Kontakt treten könnten. «Es ist sinnvoll, dass man verschiedene Türöffner hat», dass man den Zugang diversifiziere. «Trump denkt unternehmerisch, schätzt den unternehmerischen Ansatz – da kann man ihn sicher abholen.»
Schranner weist zudem darauf hin, dass Trump seinen eigenen Behörden und Diplomaten allgemein misstraue und zum Beispiel mit Steve Witkoff einen Wirtschaftsvertreter als Sondergesandten in Verhandlungen schicke.
Im Namen der Schweiz – oder der eigenen Interessen?
Doch wie sehr dient das Engagement des «Team Switzerland» tatsächlich dem Wohl des gesamten Landes? Stehen hier nicht eher Partikularinteressen im Vordergrund?
«Klar, diese Wirtschaftsführer vertreten in erster Linie die Interessen ihrer Firmen. Aber das weiss man», sagt Föllmi. Und weil hier Transparenz herrsche, lasse sich die Landesregierung auch nicht wirklich vor den Karren der Unternehmen spannen.
Dass es Eigeninteressen gebe, das ist auch für Schraner nicht so schlimm. «Schlimmer ist die Unsicherheit für die Unternehmen.» Diese treffe letztlich die gesamte Schweiz. Schraner betont allerdings, dass die Politik die Vorgaben und Leitplanken für die Gespräche geben müsse, ein Verhandlungsmandat.
Zu diesem Punkt hat sich Bundespräsidentin Keller-Sutter denn an der Medienkonferenz vom Donnerstag auch deutlich geäussert: «Die Verhandlungen mit der US-Seite liegen beim Bundesrat, das Seco ist an der Arbeit.»
Gesprächskanal offen halten
Entscheidend für die Schweiz sei nun, dass man den Gesprächskanal offen halte, denn es sei nicht zu erwarten, dass es so schnell eine Einigung im Zollstreit zwischen der Schweiz und den USA gebe, ist Föllmi überzeugt.
Wie lange das Engagement dauert und in welchem Rahmen, darüber haben auf Anfrage von SRF News weder das Wirtschaftsdepartement noch das Finanzdepartement konkret Auskunft geben.