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Streit um Atomabkommen geht weiter
Aus Echo der Zeit vom 13.07.2020. Bild: Keystone
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Atomkonflikt USA – Iran Die Zeichen stehen auf Eskalation

Die USA und Iran streiten sich noch immer wegen des Atomabkommens – auch wenn Corona den Konflikt aus den Schlagzeilen verdrängt.

Zunächst sprach Teheran nur von einem Brand in einem leeren Industrieschuppen. Inzwischen ist klar: Eine Explosion hat Anfang Juli in Natanz jene Anlage zerstört, in der Iran seine fortschrittlichsten Zentrifugen zur Urananreicherung zusammenbaut.

Noch immer unklar ist hingegen, wer dahintersteckt. Von iranischen Widerständlern ist die Rede. Mindestens so plausibel ist auch die Vermutung, es habe sich um eine Geheimdienstoperation Israels gehandelt.

Zerstörtes Gebäude.
Legende: Die zerstörte Zentrifugen-Fabrik in Natanz. Reuters

In Jerusalem wird, wie stets in solchen Fällen, weder etwas dementiert noch bestätigt. Dazu kamen in den vergangenen Tagen mysteriöse Anschläge in Iran auf eine Fabrik, eine Klinik und ein Kraftwerk.

Die grosse Frage lautet nun: Kann es sich Iran leisten, nicht zu reagieren, ohne schwach zu erscheinen? Und, falls Teheran Vergeltung übt, gegen wen? Und wie?

Auffallend ist, dass sich derzeit Anschläge auf die US-Botschaft in Bagdad und amerikanische Militäranlagen in Irak häufen. Folgen bald auch wieder Angriffe auf Schiffe im Persischen Golf, Ölanlagen in Saudi-Arabien oder Hackerangriffe auf Institutionen in den USA?

IAEA stellt immer mehr Verstösse fest

Es ist jedenfalls offenkundig, dass sich der Iran-Konflikt keineswegs beruhigt, obschon die Weltöffentlichkeit derzeit mit anderen Themen absorbiert ist – auch politisch nicht.

Die UNO-Atombehörde IAEA kritisiert immer deutlicher, Iran missachte grob seine Verpflichtungen aus dem seinerzeit als historisch bezeichneten Atomabkommen von 2015: Teheran reichere mehr Uran an, reichere dieses höher an als erlaubt oder gewähre IAEA-Inspektoren keinen Zutritt zu verdächtigen Anlagen.

Uneinigkeit im UNO-Sicherheitsrat

Umgekehrt haben die USA, die 2018 dem Abkommen den Rücken kehrten, längst wieder schmerzhafte Sanktionen gegen Iran durchgesetzt. Sie drängen nun den UNO-Sicherheitsrat, das Waffenembargo, das gemäss Atomabkommen am 18. Oktober auslaufen sollte, auf unbestimmte Zeit zu verlängern.

Personen tragen die Masken von Irans Revolutionsführer Chamenei und US-Präsident Trump. Dazwischen eine Person mit der Maske Angela Merkels.
Legende: Der Atomstreit zwischen den USA und Iran spitzt sich weiter zu. Ein Ansatz für eine Entspannung ist nicht in Sicht – auch wenn sich die Europäer für eine Lösung einsetzen. Keystone

Das wollen auch die Europäer, die jedoch das Atomabkommen, das bloss noch an einem seidenen Faden hängt, retten möchten. Russland und China wollen ebenfalls am Atomabkommen festhalten, aber das Waffenembargo beenden. Und sie fragen nicht zu Unrecht, warum sich die USA weiterhin dreist in die Umsetzung des Atomabkommens einmischen, nachdem sie dieses ja einseitig aufgekündigt haben.

Russland, China und die Europäer befürchten, dass Iran das Atomabkommen kündigt und möglicherweise gleich auch noch aus dem Atomsperrvertrag austritt. Dann gäbe es kein Halten mehr beim iranischen Atomprogramm.

Die USA beharren auf ihrer Politik des «maximalen Drucks» und wollen Teheran mit allen Mitteln noch vor den Präsidentenwahlen im November zum Einlenken oder Einknicken nötigen. Bloss: Warum sollte Iran mit einer dem Land zutiefst feindselig gesonnen US-Regierung verhandeln, die möglicherweise nur noch ein paar Monate im Amt ist?

Die Situation ist vertrackt. Die Spannung ist so hoch wie selten zuvor. Die Nerven liegen blank. Es ist dies die schlechtestmögliche Mischung für eine Lageberuhigung – und die ideale für eine Eskalation. Eine solche wird immer wahrscheinlicher. Mit unabsehbaren Folgen.

Fredy Gsteiger

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

Echo der Zeit, 13.07.2020, 18:00 Uhr

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