Zum Inhalt springen

Header

Zur Übersicht von Play SRF Audio-Übersicht

Friedensplan für Gaza Einigung auf Geiselfreilassung und Teilrückzug: Was bekannt ist

Israel und die islamistische Hamas stimmen der ersten Phase von Trumps Friedensplan zu. Viele Fragen bleiben aber offen.

Worum geht es? Im Ringen um eine Beilegung des Gaza-Kriegs haben sich Israel und die islamistische Hamas in indirekten Verhandlungen im ägyptischen Scharm El-Scheich auf erste wichtige Punkte geeinigt. Demnach werden die verschleppten Geiseln freigelassen und Israel wird seine Truppen auf eine vereinbarte Linie zurückziehen, wie Präsident Donald Trump für die USA als Vermittlerland bekannt gab. Damit scheint zwei Jahre nach dem Beginn des Gaza-Kriegs ein Durchbruch gelungen.

Wie viele Geiseln sind noch im Gazastreifen? Im Gazastreifen befinden sich noch 48 Geiseln, von denen nach israelischen Informationen noch 20 am Leben sind. «Das ist ein wichtiger und bedeutender Schritt auf dem Weg, alle nach Hause zu bringen, aber unser Kampf ist noch nicht vorbei und wird erst enden, wenn die letzte Geisel zurückgekehrt ist», heisst es in einer Mitteilung des Forums der Geiselfamilien.

Freude und Hoffnung in Israel und im Gazastreifen

Zieht sich das israelische Militär zurück? Die israelischen Streitkräfte sollen sich auf eine vereinbarte Linie zurückziehen, um die Geiselfreilassung vorzubereiten. Wo diese Linie exakt verlaufen soll, ist weiter unklar. Netanjahu sagte zuletzt, das israelische Militär solle weiterhin strategisch wichtige Gebiete «tief im Gazastreifen» kontrollieren. Der vollständige Rückzug ist erst zu einem späteren Zeitpunkt vorgesehen, wenn eine internationale Stabilisierungstruppe für Sicherheit vor Ort sorgt.

Wie viele palästinensische Häftlinge werden freigelassen? Trumps Plan sieht vor, dass Israel im Gegenzug rund 250 zu lebenslanger Haft verurteilte palästinensische Häftlinge sowie etwa 1700 nach dem 7. Oktober 2023 Inhaftierte freilässt.

SRF-Fachredaktorin: «Handschrift Donald Trumps klar zu spüren»

Box aufklappen Box zuklappen

Einschätzung von SRF-Auslandredaktorin Anna Trechsel

Auch bei dieser Einigung zwischen Israel und der Hamas im Laufe der vergangenen Nacht ist die Handschrift Donald Trumps klar zu spüren. Der US-Präsident verliert die Geduld und will, dass es endlich vorwärtsgeht und er den Krieg in Gaza ad acta legen kann. Das führt nun dazu, dass die Kriegsparteien unter Zeitdruck möglichst rasch Resultate liefern müssen – und die Details dann im Nachhinein noch geklärt werden müssen.

So ist noch nicht klar, bis wohin sich die israelische Armee in einem ersten Schritt zurückziehen wird, und welche palästinensischen Sicherheitsgefangenen freigelassen werden. Das wird noch Diskussionen geben.

Wer weiss: Vielleicht führt Trumps Druck nun doch dazu, dass beide Seiten, Israel und die Hamas, gar nicht anders können, als von ihren Maximalforderungen abzuweichen und Kompromisse einzugehen. Für die leidgeprüfte Zivilbevölkerung in Gaza und die Geiseln und ihre Angehörigen ist das jedenfalls zu hoffen. 

Was sagt die Hamas? Die Terrorgruppe bestätigte die Einigung. Die Vereinbarung sehe ein Ende der Kampfhandlungen im Gazastreifen, einen Rückzug des israelischen Militärs, Zugang für Hilfsgüter in das Küstengebiet und einen Austausch von Geiseln und Häftlingen vor, heisst es in einer Mitteilung der Hamas.

Die Frage nach der Entwaffnung der Hamas

Box aufklappen Box zuklappen

Nicht erwähnt wird bisher ein wichtiger Knackpunkt des Friedensplans: die Entwaffnung von Terroristen im Gazastreifen.

Das sieht Trumps Friedensplan vor: Sobald alle Geiseln freigelassen sind, bekommen demnach Hamas-Mitglieder, die sich zu friedlicher Koexistenz und zur Niederlegung ihrer Waffen verpflichten, Amnestie. Die USA sind überzeugt, dass der Terror wiederkommen wird, wenn es keine Entwaffnung gibt.

US-Aussenminister Marco Rubio sagte am Sonntag zu den längerfristigen Zielen, zu denen auch eine Entwaffnung gehöre: «Das wird schwierig sein, aber es ist entscheidend, denn ohne das wird es keinen dauerhaften Frieden geben. Man mag die Geiseln zurückbekommen, man mag eine Einstellung der Feindseligkeiten erreichen, aber langfristig wird sich alles wiederholen.»

Was sagt Israel? «Dieses Abkommen bietet eine Chance zur Versöhnung und zur Heilung und eröffnet neue Perspektiven der Hoffnung für unsere Region», sagt der israelische Staatschef Isaac Herzog. Dafür hätte Trump den Friedensnobelpreis verdient. Das israelische Militär bereitet sich derweil eigenen Angaben zufolge auf die Umsetzung der ersten Phase des Friedensplans vor. Der Generalstabschef habe alle Streitkräfte angewiesen, «starke Verteidigungsmassnahmen vorzubereiten und auf jedes Szenario vorbereitet zu sein».

Internationale Reaktion auf die Einigung

Box aufklappen Box zuklappen
  • UNO-Generalsekretär Antonio Guterres: «Die Vereinten Nationen werden die vollständige Umsetzung des Abkommens unterstützen und die Bereitstellung nachhaltiger und grundsatzorientierter humanitärer Hilfe ausweiten. Ausserdem werden wir die Wiederaufbau- und Wiederherstellungsbemühungen in Gaza vorantreiben.»
  • Kanadas Premierminister Mark Carney: «Ich bin erleichtert, dass die Geiseln bald wieder mit ihren Familien vereint sein werden.» Nach Jahren intensiven Leidens sei ein möglicher Frieden endlich erreichbar. «Kanada ruft alle Parteien dazu auf, alle vereinbarten Bedingungen rasch umzusetzen und auf einen gerechten und dauerhaften Frieden hinzuarbeiten.»
  • Japans Kabinettschef Yoshimasa Hayashi: «Japan begrüsst, dass die beteiligten Parteien eine Einigung über die erste Phase erzielt haben. (...) Diese Einigung ist ein wichtiger Schritt zur Deeskalation der Lage und zur Verwirklichung der Zweistaatenlösung.» Er lobte auch die USA, Katar, Ägypten, die Türkei und andere vermittelnde Länder für ihre Bemühungen.
  • UK-Premierminister Keir Starmer: «Ich begrüsse die Nachricht, dass eine Einigung über die erste Phase von Präsident Trumps Friedensplan für Gaza erzielt wurde. (...) Dieses Abkommen muss nun unverzüglich und vollständig umgesetzt werden, begleitet von der sofortigen Aufhebung aller Beschränkungen für lebensrettende humanitäre Hilfe für Gaza.»

Was sagt Trump? Das seien die ersten Schritte hin zu einem «starken, dauerhaften und ewigen Frieden», sagt der US-Präsident. Donald Trump sagte in einem Interview dem Sender Fox News, dass die Geiseln voraussichtlich am Montag freigelassen werden könnten.

Was geschieht als nächstes? Die USA hatten betont, dass es zwei Phasen der Verhandlungen gäbe. Zum einen, die über die Geiselfreilassung, die absolute Priorität habe. Zum anderen eine zweite Phase, in der der langfristige Frieden gesichert werden sollte. Darunter zählten die USA auch die Entwaffnung der Hamas.

Diskutieren Sie mit:

SRF 4 News, 9.10.2025, 6 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel