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Nach Waffenruhe Rückkehr nach Gaza-Stadt: «Nur das hier ist mein Zuhause»

In Gaza haben sich Zehntausende aufgemacht, um zu ihrem Zuhause zurückzukehren – oder dem, was davon noch übrig ist.

Auf dem sandigen Boden stapeln sich Säcke mit Kleidern und Decken. Dinge, die der 23-jährigen Sama und ihrer Familie nach zwei Jahren Krieg noch geblieben sind. Nun, da die Waffenruhe in Kraft ist, will die Familie so schnell wie möglich zurück nach Hause.

Frau in Hijab sitzt vor einem Zelt mit Palmen im Hintergrund.
Legende: Die 23-jährige Sama und ihre Familie mussten in den zwei Jahren schon mehrmals flüchten. SRF

Sama und ihre Familie kommen ursprünglich aus Gaza-Stadt. Mehrmals mussten sie in den Kriegsjahren flüchten – bis sie zuletzt in einem Zeltlager in der Mitte des Gazastreifens gelandet sind. Keine einfache Situation – auch, weil Samas Grossmutter krank ist. «Der Ort hier ist praktisch eine Wüste und das Zelt schützt weder vor Hitze noch vor Kälte», sagt Sama. «Früher lebten wir glücklich im Haus meines Vaters. Doch dann begann der Krieg – und nahm uns alles weg.»

Grosse Unsicherheit

Sama hat Computerwissenschaften studiert und träumt davon, dereinst in Grossbritannien einen Master zu machen. Ein lokales Kamerateam filmt die Familie im Auftrag von SRF, weil Israel westlichen Medienschaffenden seit Kriegsbeginn vor zwei Jahren den unabhängigen Zugang zum Gazastreifen verwehrt.

Samas Familie geht es – im Vergleich zu vielen anderen im Gazastreifen – materiell verhältnismässig gut. Auf ihrer letzten Flucht konnten sie einen Grossteil des Hausrats mitnehmen. Aber die Unsicherheit ist trotzdem gross. Denn sie wissen nicht, was sie genau zu Hause erwartet. Aref, Samas Schwager, hofft, dass seine Kinder dereinst wieder in den Kindergarten gehen können: «Noch ist vieles ungewiss. Aber wir hoffen, dass dies die letzte Vertreibung sein wird.»

850 US-Dollar für eine Fahrt

Dann macht sich die Familie von Sama auf den Rückweg Richtung Gaza-Stadt – so, wie das auch Zehntausende in den letzten Tagen getan haben. Für viele ein kilometerlanger Fussmarsch, vorbei an den Trümmern des Kriegs – dort, wo bis vor Kurzem noch gekämpft worden ist. Laut Schätzungen der UNO wurden im Krieg über 90 Prozent der Wohnungen und Häuser im Gazastreifen zerstört.

Samas Familie hat für die kranke Grossmutter ein Auto organisiert, damit sie den langen Weg nicht zu Fuss gehen muss. Die Fahrt kostet 850 US-Dollar – ein kleines Vermögen. Und deutlich mehr, als sich die allermeisten Menschen leisten können.

Zerstörte Wohnung

Dann – endlich: Ankunft in Gaza-Stadt. Das Haus von Sama und ihrer Familie steht noch, doch die Spuren des Kriegs sind überall sichtbar. Rund ums Haus liegen Trümmer, die Moschee nebenan ist eingestürzt.

Samas Familie richtet sich in einer Wohnung im ersten Stock ein. Nicht alle Wohnungen des Hauses sind noch bewohnbar. Sama nimmt das Kamerateam mit nach oben, in ihr früheres Zuhause. Die Wohnung wurde im Verlauf des Krieges völlig zerstört – genauso wie weite Teile der Nachbarschaft. Trotzdem sagt Sama: «Ich bin glücklich mit dem, was ich jetzt habe. In den letzten zwei Jahren musste ich von einem Ort zum anderen flüchten. Aber nur das hier ist mein Zuhause.»

Hoffnung auf Ende des Krieges

Samas Leben ist nicht mehr, wie es einmal war. Auch sie hat während des Krieges mit Zehntausenden Toten enge Freunde verloren. «Das Schlimmste war, dass ich mich nicht von ihnen verabschieden konnte», erzählt sie.

Auf der Flucht träumte Sama immer wieder davon, den Gazastreifen zu verlassen. Doch jetzt will sie hier in Gaza-Stadt bleiben – und ihr Leben wieder aufbauen. In der Hoffnung, dass die Waffenruhe hält und sie und ihre Familie nicht noch einmal flüchten müssen.

10vor10, 14.10.2025, 21:50 Uhr; stal; wilh

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