Frankreich und Saudi-Arabien laden zu einer Nahost-Konferenz im Rahmen der UNO-Generalversammlung in New York. Am Wochenende hatten mit Australien, Grossbritannien und Kanada drei weitere westliche Länder angekündigt, Palästina als Staat anerkennen zu wollen. Die USA dagegen warnen – und torpedieren die Konferenz. Einschätzungen von Sebastian Ramspeck, dem internationalen Korrespondenten von SRF.
Was will die Nahost-Konferenz in New York erreichen?
Arabische und westliche Staaten haben sich aufeinander zubewegt und wollen eine gemeinsame Erklärung verabschieden. Die Staaten der Arabischen Liga unterstützen die Forderung nach einem Ende der Hamas-Herrschaft im Gazastreifen. Im Gegenzug wollen weitere westliche Staaten Palästina anerkennen. Ziel ist eine Zwei-Staaten-Lösung mit Israel und Palästina als gleichberechtigte Partner.
Wer genau will Palästina als Staat anerkennen?
Etwa ein Dutzend Staaten haben diesen Schritt angekündigt oder in den vergangenen Tagen bereits vollzogen. Darunter sind viele einflussreiche Staaten aus der G7, der Nato und der EU, allen voran Frankreich und Grossbritannien. Der britische Aussenminister David Lammy begründet die Anerkennung damit, dass Israel «keinen glaubwürdigen Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung» aufzeige und die militärische Eskalation fortsetze. Von den 193 UNO-Staaten anerkennen bereits heute mehr als Dreiviertel Palästina als Staat, viele seit Jahrzehnten.
Welche Position vertritt die Schweiz?
Die Schweiz befürwortet die Zwei-Staaten-Lösung, eine Anerkennung Palästinas lehnt sie vorderhand aber ab. Eine Anerkennung soll erst erfolgen, wenn die Zwei-Staaten-Lösung in israelisch-palästinensischen Verhandlungen Gestalt angenommen habe. An der Nahost-Konferenz wird Aussenminister Ignazio Cassis die Schweiz vertreten, zusammen mit Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter ist er für die UNO-Generalversammlung sowieso in New York.
Wie reagieren Israel und die USA auf die Anerkennung?
Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu bezeichnet die Anerkennung Palästinas als «Belohnung für den Terrorismus» der Hamas. Seine Regierung bleibt der Konferenz in New York ebenso fern wie die USA. Die US-Regierung verweigert dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, sogar die Einreise in die USA. Aussenminister Marco Rubio warnt, Israel werde auf die Anerkennung mit «Gegenmassnahmen» reagieren.
Welche Folgen hat die Anerkennung?
Mit der Anerkennung setzen europäische Staaten ein politisch-diplomatisches Zeichen. Die Anerkennung hat aber nicht zur Folge, dass es den Staat Palästina tatsächlich gibt. Vielmehr müssten gemäss völkerrechtlichem Verständnis dafür drei Kriterien erfüllt sein: die Existenz eines Staatsgebiets, eines Staatsvolks und einer Regierung, welche die Staatsgewalt ausübt. Von letzterem kann im Falle Palästinas nicht die Rede sein.
Wie realistisch ist eine Zwei-Staaten-Lösung?
Die Zwei-Staaten-Lösung wird seit Jahrzehnten gefordert – und seit Jahrzehnten nicht verwirklicht. Israel lehnt die Schaffung eines vollwertigen palästinensischen Staates ab und hat mit Unterstützung der USA faktisch das Sagen in den Palästinenser-Gebieten. So bleibt der Staat Palästina wohl auch in Zukunft bloss eine Vision – Anerkennung hin oder her.