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Abstimmung Kanton Uri Urner Lehrpersonen befürchten ein Zwei-Klassen-Bildungssystem

Die Urner Lehrerinnen und Lehrer sehen die Chancengleichheit der Schulkinder in Gefahr. Mit ihrem Referendum bekämpfen sie am 30. November die neue Volksschulverordnung.

Der Teufel in der revidierten Urner Volksschulverordnung steckt im Detail oder besser: in Artikel 9, Absatz 2. Dort steht, dass Klassen mit mehr als 21 Schülerinnen und Schülern mit einer zusätzlichen Assistenzlehrperson ausgestattet werden können.

Schüler in einem Klassenzimmer beim Arbeiten, Lehrerin assistiert.
Legende: Assistenzlehrpersonen beantworten Fragen und unterstützen den Unterricht. Keystone/GAETAN BALLY

In der ursprünglichen Fassung hatte es noch geheissen, dass diese Klassen mit Assistenzen ausgestattet werden müssen – doch das Kantonsparlament schwächte diesen Passus zu einer Kann-Formulierung ab.

«Kleine Änderung macht grossen Unterschied»

Dagegen hat ein breit abgestütztes Komitee rund um den Verband der Urner Lehrerinnen und Lehrer das Referendum ergriffen. Denn diese kleine Änderung im Verordnungstext könne für die Urner Schulkinder einen grossen Unterschied machen, sagt Corsin Riedi, Lehrer in Andermatt und Mitglied des Referendumskomitees.

Schüler hebt die Hand im Klassenzimmer.
Legende: Im letzten Schuljahr gingen im Kanton Uri rund 3800 Kinder und Jugendliche zur Schule. Keystone/GAETAN BALLY

«Die Qualität der Bildung und der Betreuung in der Schule hängt plötzlich davon ab, in welcher Gemeinde ein Kind zur Schule geht», sagt er.

Denn: Bei der ursprünglichen Muss-Formulierung wäre klar gewesen, dass Assistenzlehrpersonen ab einer gewissen Klassengrösse zwingend notwendig gewesen wären – und dass sich der Kanton an den Kosten dafür beteiligt hätte. Mit der jetzigen Formulierung dagegen nehme sich der Kanton aus der Verantwortung.

Reiche Gemeinden können zusätzliches Personal einstellen – ärmere nicht.
Autor: Corsin Riedi Lehrer in Andermatt und Mitglied des Referendumskomitees

«Jetzt überlässt es der Kanton vollständig den Gemeinden, ob sie grosse Klassen ausreichend betreuen lassen wollen oder nicht», sagt Riedi. Damit drohe ein Zweiklassen-Bildungssystem: «Finanzstarke Gemeinden werden zusätzliches Personal weiterhin einstellen, ärmere Gemeinden können sich das aber nicht leisten.» Damit würden nicht mehr alle Kinder im Kanton Uri eine gleich gute Förderung in der Schule erhalten.

«Auswirkungen sind gering»

Der Urner Bildungsdirektor Georg Simmen sieht das weniger dramatisch. Denn die kleineren und ärmeren Gemeinden dürften von der Regelung deutlich weniger betroffen sein als es das Referendumskomitee befürchte.

Die betroffenen Gemeinden haben die Mittel, genügend Lehrpersonen einzustellen.
Autor: Georg Simmen Bildungsdirektor Kanton Uri

«Grosse Schulklassen haben wir heute vor allem in grossen Gemeinden – und die haben die Mittel, um zusätzliches Personal einstellen zu können», sagt er. So habe etwa der Hauptort Altdorf bereits beschlossen, dass Schulklassen höchstens aus 20 Kindern bestehen sollen. «In den meisten kleinen Gemeinden stellt sich die Frage nach Klassenassistenzen nicht, da es dort gar nicht so viele Kinder gibt.»

Weitere Vorlagen: Öffentlichkeitsgesetz und Gemeindefinanzen

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Im Kanton Uri kommen am 30. November zwei weitere Vorlagen an die Urne:

Die Stimmberechtigten, ob das Öffentlichkeitsgesetz auf die Gemeinden ausgeweitet wird – ob also nicht nur kantonale, sondern auch kommunale Behörden Einsicht in amtliche Dokumente gewähren müssen. Zudem befinden die Urnerinnen und Urner darüber, ob die Gemeinden von 2027 bis 2030 auf einen Teil der kantonalen Zahlungen verzichten, um die angeschlagenen Kantonsfinanzen wieder ins Lot zu bringen. Die beiden Vorlagen sind weitgehend unumstritten.

Dennoch lässt Simmen durchblicken, dass er eine Hintertür offenlässt. «Wenn wir schwerwiegende Konsequenzen feststellen, können wir immer Anpassungen vornehmen», sagt er. «Wir wollen, dass die Bildungsqualität in Uri hoch bleibt.»

Garderobe mit Kinderkleidung, Rucksäcken und Schuhen.
Legende: Entsprechend der Bevölkerungsstärke gab es im letzten Schuljahr in den Gemeinden Altdorf und Schattdorf auch die meisten Schülerinnen und Schüler im Kanton Uri. Keystone/URS FLUEELER

Jetzt eine Verordnung beschliessen, um sie vielleicht in ein paar Jahren wieder zu überarbeiten: Für Corsin Riedi ist dies der falsche Weg. FDP, SP, Grüne und Grünliberale sehen das genauso: Sie haben für die Abstimmung die Nein-Parole beschlossen. SVP und Mitte dagegen haben sich für ein Ja zur Volksschulverordnung ausgesprochen.

Abstimmungsdossier

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Legende: SRF

News und Hintergründe zu den eidgenössischen, kantonalen und kommunalen Abstimmungen vom 30. November 2025.

Regionaljournal Zentralschweiz, 14.11.2025, 17:30 Uhr ; 

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