Der Teufel in der revidierten Urner Volksschulverordnung steckt im Detail oder besser: in Artikel 9, Absatz 2. Dort steht, dass Klassen mit mehr als 21 Schülerinnen und Schülern mit einer zusätzlichen Assistenzlehrperson ausgestattet werden können.
In der ursprünglichen Fassung hatte es noch geheissen, dass diese Klassen mit Assistenzen ausgestattet werden müssen – doch das Kantonsparlament schwächte diesen Passus zu einer Kann-Formulierung ab.
«Kleine Änderung macht grossen Unterschied»
Dagegen hat ein breit abgestütztes Komitee rund um den Verband der Urner Lehrerinnen und Lehrer das Referendum ergriffen. Denn diese kleine Änderung im Verordnungstext könne für die Urner Schulkinder einen grossen Unterschied machen, sagt Corsin Riedi, Lehrer in Andermatt und Mitglied des Referendumskomitees.
«Die Qualität der Bildung und der Betreuung in der Schule hängt plötzlich davon ab, in welcher Gemeinde ein Kind zur Schule geht», sagt er.
Denn: Bei der ursprünglichen Muss-Formulierung wäre klar gewesen, dass Assistenzlehrpersonen ab einer gewissen Klassengrösse zwingend notwendig gewesen wären – und dass sich der Kanton an den Kosten dafür beteiligt hätte. Mit der jetzigen Formulierung dagegen nehme sich der Kanton aus der Verantwortung.
Reiche Gemeinden können zusätzliches Personal einstellen – ärmere nicht.
«Jetzt überlässt es der Kanton vollständig den Gemeinden, ob sie grosse Klassen ausreichend betreuen lassen wollen oder nicht», sagt Riedi. Damit drohe ein Zweiklassen-Bildungssystem: «Finanzstarke Gemeinden werden zusätzliches Personal weiterhin einstellen, ärmere Gemeinden können sich das aber nicht leisten.» Damit würden nicht mehr alle Kinder im Kanton Uri eine gleich gute Förderung in der Schule erhalten.
«Auswirkungen sind gering»
Der Urner Bildungsdirektor Georg Simmen sieht das weniger dramatisch. Denn die kleineren und ärmeren Gemeinden dürften von der Regelung deutlich weniger betroffen sein als es das Referendumskomitee befürchte.
Die betroffenen Gemeinden haben die Mittel, genügend Lehrpersonen einzustellen.
«Grosse Schulklassen haben wir heute vor allem in grossen Gemeinden – und die haben die Mittel, um zusätzliches Personal einstellen zu können», sagt er. So habe etwa der Hauptort Altdorf bereits beschlossen, dass Schulklassen höchstens aus 20 Kindern bestehen sollen. «In den meisten kleinen Gemeinden stellt sich die Frage nach Klassenassistenzen nicht, da es dort gar nicht so viele Kinder gibt.»
Dennoch lässt Simmen durchblicken, dass er eine Hintertür offenlässt. «Wenn wir schwerwiegende Konsequenzen feststellen, können wir immer Anpassungen vornehmen», sagt er. «Wir wollen, dass die Bildungsqualität in Uri hoch bleibt.»
Jetzt eine Verordnung beschliessen, um sie vielleicht in ein paar Jahren wieder zu überarbeiten: Für Corsin Riedi ist dies der falsche Weg. FDP, SP, Grüne und Grünliberale sehen das genauso: Sie haben für die Abstimmung die Nein-Parole beschlossen. SVP und Mitte dagegen haben sich für ein Ja zur Volksschulverordnung ausgesprochen.