Bei körperlich anstrengenden Berufen sind die Konsequenzen am grössten. Aber nicht nur – auch in Bürojobs nimmt laut Fachpersonen die Produktivität ab, sobald das Thermometer im Raum mehr als 25 Grad anzeigt.
Das Herzkreislauf-System muss mehr arbeiten, um den Körper zu kühlen. Das führt dazu, dass sowohl die körperliche als auch die geistige Leistungsfähigkeit abnimmt.
David Bresch ist Professor für Wetter und Klimarisiken an der ETH Zürich. Er hat bei einer Studie mitgearbeitet, die den Zusammenhang von Hitze und Produktivität untersucht hat und weiss: «Bei höherer Belastung des Organismus steigt die Fehlerquote.» Es könne sein, dass schlechtere Entscheide gefällt werden. Denn die Folgen der Entscheide bei Hitze abzuschätzen, sei schwer. Zudem gebe es Tätigkeiten, die schlichtweg nicht mehr durchzuführen seien. Im Büro hingegen gebe es verschiedene Möglichkeiten.
Wenn man nachts schlecht schläft, ist man in der Sitzung am nächsten Tag nicht so tolerant.
Mehr Fehler, schlechtere Entscheide – und je nach Beruf mehr Unfälle – sind mögliche Folgen von Hitze. Und auch der Output nimmt ab, es wird schlicht weniger geleistet. Dabei spiele jedoch nicht nur die Situation am Arbeitsplatz eine Rolle, sondern auch die Situation Zuhause oder in der Freizeit, sagt David Bresch. «Wenn man beispielsweise nachts schlecht schläft, ist man in Sitzungen am nächsten Tag nicht mehr so tolerant.»
Vergleichbar mit einer Grippewelle
«Wir rechnen damit, dass eine Hitzewelle im Durchschnitt etwa gleich viel Kosten verursacht wie eine grosse Grippewelle», so Bresch. Es gebe Szenarien, dass in der Schweiz durch den Produktivitätsverlust aufgrund der Hitze in Zukunft wirtschaftliche Kosten von mehreren hundert Millionen Franken jährlich anfallen könnten. Aber das sei eine Vorhersage, wenn keine Massnahmen getroffen würden und alles so weitergehe wie bisher – also weder Klimaschutzmassnahmen noch Vorkehrungen in der Arbeitswelt wie Klimaanlagen oder andere Arbeitszeiten.
Deshalb gilt nach Professor David Bresch nun: «Miteinander darüber reden.» In Arbeitsgruppen solle diskutiert werden, wie der Arbeitsalltag unter den besagten Bedingungen gestaltet werden könnte. Und weiter: «Einfach ein paar Klimaanlagen im Büro aufstellen – damit ist es nicht getan.»
Zukunft anders gestalten
Gemäss David Bresch kann es sein, dass die Flexibilität in der Arbeitswelt, die durch die Corona-Pandemie angestossen worden ist, auch im Zusammenhang mit dem Klimawandel angewendet werden kann. Der Arbeitsalltag solle anders gestaltet werden – zum Beispiel gewisse Bauarbeiten zukünftig in andere Jahreszeiten verschieben. «Hitzewellen lassen sich ja zum Glück vorhersagen, deshalb lässt sich die Arbeitssituation planen.»
Aber zu solchen gesellschaftlichen Veränderungen gibt es auch kritische Stimmen. Namentlich der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter sagte gegenüber dem österreichischen Fernsehsender «Puls 24», man stelle sich das viel zu einfach vor. «Wie sieht es aus, wenn man beschliesst, mit der Arbeit schon um 6 Uhr zu beginnen? Was passiert dann mit den Kindern, wenn die Kinderbetreuung erst ab 8 Uhr offen ist?»
Der Schweizer Klimaforscher David Bresch zeigt sich optimistischer: «Für zukünftige Generationen sehe ich riesige Gestaltungsräume, was die Flexibilität in der Arbeitswelt angeht.»