Als Bundesrätin Viola Amherd Anfang Jahr ihren Rücktritt bekannt gab, war für die meisten in ihrer Partei klar, was ihre Amtszeit ausmachte.
«Sie hat die Flieger-Beschaffung durchgebracht», erklärte der St. Galler Ständerat Benedikt Würth. Und Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter sagte: «Ihren Vorgängern gelang das nicht. Das ist wirklich eine Errungenschaft!»
Lob auch vom Parteipräsidenten
Und auch der heute abtretende Parteipräsident Gerhard Pfister sagte damals im SRF-«Tagesgespräch»: «Sie hat eine ganz schwierige Abstimmung betreffend Kampfjets gewonnen.» Der F-35 durfte in keiner Laudatio fehlen.
Inzwischen sind sechs Monate vergangen. Amherds Nachfolger ist im Amt – und der Kampfjet könnte mehr als eine Milliarde Franken teurer werden, weil der Fixpreis nach US-Darstellung doch nicht mehr so fix sein soll, wie SRF-Recherchen zeigten.
Dröhnendes Schweigen zur Jet-Beschaffung
In diesem Umfeld traf sich heute Vormittag die Mitte Schweiz auf dem Berner Messegelände, unter anderem um Viola Amherd zu verabschieden. In der offiziellen Würdigung durch den ebenfalls abtretenden Parteichef Gerhard Pfister allerdings war von der Jet-Beschaffung plötzlich keine Rede mehr.
Er sprach von der grössten Mobilmachung der Armee seit dem Zweiten Weltkrieg, die Amherd in der Pandemie verantwortete. Von der Aufstockung des Armee-Budgets, dem neuen Staatssekretariat für Sicherheitspolitik und von der ausgebauten Spitzensport-Förderung in der Armee. Er erwähnte die Bürgenstock-Konferenz zum Ukraine-Wiederaufbau und den Verhandlungsabschluss mit der Europäischen Union, den Amherd als Bundespräsidentin besiegelte.
Aber zum Jet: Kein Wort mehr. Das Schweigen zum Kampfjet dröhnte fast schon durch den Messesaal.
Amherd: «Nach bestem Wissen und Gewissen»
Auch als Viola Amherd zusammen mit ihrem Nachfolger, Bundesrat Martin Pfister, auf einem Podium Rede und Antwort stand: kein Wort dazu. Nur ganz zum Schluss, sagte Amherd: «Meine Leitlinie war immer: ‹Arbeiten nach bestem Wissen und Gewissen›. Auch wenn vielleicht mal etwas schiefgeht.» Dann könne man sich wenigstens treu bleiben, so Amherd.
Wer wollte, konnte wenigstens einen Zusammenhang mit dem Kampfjet-Kauf erkennen. Dann verliess Amherd Bühne und Saal. Weitere Fragen, etwa zu ihrer späten Information des Gesamt-Bundesrats wegen möglicher Mehrkosten, mochte sie nicht beantworten.
«Wir hätten eine Lücke in der Luftverteidigung»
Gerhard Pfister erklärte auf Nachfrage, man dürfe bei der Leistungsbilanz den Gesamtblick nicht verlieren. «Dass das Tagesgeschäft ab und zu hektisch und kontrovers ist, das gehört zum Job.» Dass die USA den Fixpreis plötzlich zum Missverständnis erklären, müsse man zur Kenntnis nehmen – und das Gespräch suchen.
Auch Pfisters Nachfolger als Parteichef, Philipp Matthias Bregy, erklärte auf Nachfrage, selbst wenn es jetzt zu Mehrkosten kommen sollte: Die Kampfjet-Beschaffung bleibe ein Erfolg von Amherd. «Wir hätten eine Lücke in der Luftverteidigung, hätte sie das nicht geschafft.»
Die Mitte wollte heute ihr Präsidium neu bestellen, und abtretende Parteigrössen verdanken. So leise wie der F-35 heute an der Delegiertenversammlung der Mitte in Bern, war ein Kampfjet in der Schweiz noch nie unterwegs.