Franziska Biner ist kaum im Amt, als der Berg über Blatten stürzt. Im Club spricht die Walliser Finanzdirektorin (Die Mitte) über akute Hilfe, langfristige Perspektiven – und warum sie den Wiederaufbau für möglich hält.
SRF News: Frau Biner, seit dem 1. Mai sind Sie Regierungsrätin – und erleben gleich eine Katastrophe. Was macht das mit Ihnen?
Franziska Biner: Es geht nicht um mich, sondern um die Bevölkerung, die alles verloren hat. Es ist eine Tragödie für die Menschen und das Tal. Man darf nicht lange zögern, sondern muss sofort die nötige Hilfe leisten.
Der Wiederaufbau wird teuer.
Wie viel Geld ist nötig?
Der Kanton hat zehn Millionen gesprochen, der Bund fünf. Die Glückskette hat 14 Millionen gesammelt. Auf die genaue Summe kommt es im Moment nicht an, sondern darauf, dass die Solidarität mit den Bergkantonen vorhanden ist. Es ist wichtig, den Betroffenen zu helfen. Denn auch wenn wir Blatten wieder aufbauen, wird es nie mehr so sein wie vorher. Die ganze Geschichte, die Traditionen und die Heimat ist verloren.
Aber mit Solidarität allein baut man kein Dorf wieder auf.
Stimmt. Beides ist nötig: Solidarität und Geld. Der Wiederaufbau wird teuer. Das können Gemeinde und Kanton nicht allein stemmen.
Lohnt sich der Wiederaufbau?
Menschen ihre Heimat zurückzugeben – das lohnt sich immer.
Können Sie den Menschen in Blatten garantieren, dass ihre Heimat wieder aufgebaut wird?
Der Kanton unterstützt die Gemeinde im Wiederaufbau. Der Staatsrat war einstimmig dafür. So ein Ereignis war noch nie da. Die Projekte und deren Umsetzung werden nun Schritt für Schritt erarbeitet. Die Menschen sollen sagen, was sie brauchen. Die Solidarität ist gross und das Milizsystem funktioniert in der Krise. Das macht Mut.
Die Natur lässt sich nicht exakt berechnen.
Das Wallis ist besonders von Naturkatastrophen gefährdet. Wie wollen Sie in Zukunft sicherstellen, dass solche Hilfen langfristig aufgebaut und finanziert werden?
Wir haben im Kanton Wallis klare bestehende gesetzliche Grundlagen, um die Folgen beziehungsweise die Schäden von Naturkatastrophen zu finanzieren. Je nach finanzieller Lage können die Kosten, welcher der Kanton übernimmt, aus dem ordentlichen Budget bezahlt werden. Falls dies nicht reicht, haben wir zwei Fonds, aus welchen Geld genommen werden kann. Als Beispiel: Die Kosten für den Kanton wegen der grossen Unwetter im Juni aus dem Jahr 2024 beliefen sich auf 141.8 Millionen Franken. Diese konnten über das ordentliche Budget finanziert werden.
Blatten war nicht auf der Gefahrenkarte. Gab es hierbei Versäumnisse?
Die Karten werden laufend aktualisiert – aber die Natur lässt sich nicht exakt berechnen. Trotzdem bin ich überzeugt: Das Wallis hat gut gearbeitet. Sonst wären die 300 Menschen nicht rechtzeitig evakuiert worden.
Ein Mensch wird aber noch vermisst.
Die Person befand sich wohl ausserhalb der Evakuierungszone. Solche Zonen basieren auf Modellen und können deshalb nie zu 100 Prozent genau sein. Der Fall wird nun von der Staatsanwaltschaft untersucht.
Das Gespräch führte Sofiya Miroshnyk.