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Bundesrätin im Interview Baume-Schneider: «Mehrsprachigkeit ist Teil unserer Identität»

Jetzt liegen die EU-Verträge auf dem Tisch. Kann der Bundesrat die Schweiz vom Abkommen überzeugen? Und bald dürfte die AHV Defizite schreiben. Elisabeth Baume-Schneider will Lohnabzüge und Mehrwertsteuer erhöhen. Reicht das? Zudem droht die welsche Bundesrätin mit einem bundesrätlichen Machtwort beim Frühfranzösisch in der Primarschule. Das «Tagesgespräch» mit Elisabeth Baume-Schneider, Vorsteherin Eidgenössisches Departement des Innern. 

Elisabeth Baume-Schneider

SP-Bundesrätin

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Elisabeth Baume-Schneider ist seit 2023 Bundesrätin und seit Anfang 2024 Vorsteherin des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI). Die Jurassierin wurde 1963 geboren und studierte Sozial-, Wirtschafts- und Politikwissenschaften an der Universität Neuenburg. Von 2002 bis 2015 war die SP-Politikerin Mitglied der jurassischen Kantonsregierung. Von 2015 bis 2019 leitete sie die Hochschule für Soziale Arbeit und Gesundheit in Lausanne. Ab Ende 2019 vertrat sie den Kanton Jura im Ständerat.

SRF New: Der Bundesrat hat die Verträge mit der EU veröffentlicht. Welche Note geben Sie dem Abkommen?

Baume-Schneider: Der Bundesrat hat ein gutes Handlungspaket mit der EU geschnürt. Jetzt ist das Parlament am Zug. Ich gebe dem Abkommen die Note fünf.

Was fehlt für eine Sechs?

Es braucht die öffentliche Diskussion über das Abkommen. Wichtig ist, wie es in der Bevölkerung ankommt. Themen wie Löhne zeigen: Es braucht auch Massnahmen im Inland.

Bei der Zuwanderung hat sich die Schweiz eine Schutzklausel ausbedungen. Die Schutzklausel sei ein Papiertiger, sagen einige. Der Bund werde sie nie ausrufen. Stimmt das?

Wenn es sie gibt, ist sie wichtig und der Bund wird sie bei Bedarf anwenden. Aber klar ist: Die Leute kommen, um zu arbeiten, weil wir Arbeitskräfte brauchen. Gibt es hingegen wirtschaftliche Probleme durch Zuwanderung, ist der Einsatz der Klausel richtig.

Es wird uns nichts weggenommen.

Macht Ihnen die dynamische Rechtsübernahme keine Sorgen? Kritikerinnen und Kritiker sagen, das Abkommen sei eine Beschränkung unserer absoluten Souveränität.

Wir bleiben souverän – als Bundesrat, Parlament und Volk. Unsere Rechtssicherheit bleibt bestehen. Es wird uns nichts weggenommen.

Die Gegner der Verträge überzeugt das nicht. Sie sehen zum Beispiel im Konzept der Ausgleichsmassnahmen einen Angriff auf die direkte Demokratie der Schweiz.

Das sind Ängste, nicht die Realität. Die Schiedsgerichte beschneiden unsere Souveränität nicht.

Sie planen bereits die nächste grosse AHV-Reform 2030. Sie möchten die Mehrwertsteuer erhöhen und Arbeitnehmende sowie Arbeitgebende sollen höhere Lohnbeiträge zahlen. Wieso fordern Sie kein höheres Rentenalter?

Weil die Bevölkerung das vor einem Jahr abgelehnt hat. Eine Reform muss mehrheitsfähig sein. Manche möchten länger arbeiten und andere können es nicht. Das muss man respektieren.

Die Mehrsprachigkeit ist eine Stärke und Teil unserer Identität.

Ein ganz anderes Thema: Sie drohen mit einem Machtwort beim Frühfranzösisch. In mehreren Kantonen steht der Französischunterricht an der Primarschule auf der Abschussliste. Wieso mahnen Sie?

Die Mehrsprachigkeit ist eine Stärke und Teil unserer Identität. Sie entsteht in der Schule. Die Kantone haben Frühfranzösisch einst mitgetragen. Nun stellen es einige infrage und das muss man ernst nehmen.

Sie treffen in Kürze eine Delegation der Erziehungsdirektorenkonferenz. Was wollen Sie konkret machen als Bundesrätin?

2016 hätte man Frühfranzösisch im Sprachengesetz verankern können. Das wurde nicht getan. Heute könnte das wieder aktuell werden.

Wieso ist Ihnen das Französisch bereits in der Primarschule so wichtig?

Die Kinder sollen schon früh wissen, dass es andere Sprachen im Land gibt. Dass sie wissen, dass es Kollegen gibt, die andere Filme und andere Musik zu hören.

Das Gespräch führte David Karasek.

«Tagesgespräch»

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Logo-Schriftzug der Sendung «Tagesgespräch»

Mehr dazu im Tagesgespräch um 13:00 Uhr auf SRF 1 und SRF 4 News.

Tagesgespräch, 18.6.2025, 13 Uhr ; 

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