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Frühlingssession Schlussabstimmungen in beiden Kammern +++ 16 Vorlagen unter Dach

Hier finden Sie die wichtigsten Entscheide des National- und Ständerats in der Übersicht.

Die Entscheide vom Freitag, 18. März

Schlussglocke im Ratssaal: 16 Vorlagen haben der Nationalrat und der Ständerat mit den Schlussabstimmungen unter Dach und Fach gebracht. Mit einer Schweigeminute gedachte der Nationalrat zudem zum Ende seiner Frühlingssession der Opfer des Krieges in der Ukraine. Zu Beginn der Session vor knapp drei Wochen hatten beide Kammern in Erklärungen einen sofortigen Waffenstillstand gefordert. Bundeshausredaktor André Ruch hat die Session analysiert .

Die dritte und letzte Sessionswoche im Überblick

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  • Schweizer Kandidatur für UNO-Sicherheitsrat: Der Ständerat will wie schon der Nationalrat nichts wissen von einem Verzicht der Schweiz auf eine Kandidatur für das UNO-Gremium – trotz des Kriegs in der Ukraine.
  • Dringliche Debatten zum Ukraine-Krieg: Die Folgen der russischen Invasion beschäftigten die Räte. Bürgerliche forderten Aufrüstung. Die Linke rief zur raschen Aufnahme von Kriegsflüchtlingen auf.
  • Stimmrechtsalter 16 mit Rückenwind: Der Nationalrat spricht sich erneut dafür aus, das Stimm- und Wahlrecht auf Bundesebene auf 16 herunterzusetzen.
  • Eizellenspende für Ehepaare erlauben: Der Nationalrat nimmt eine entsprechende Motion an. Ein Baby mit einer gespendeten Eizelle zu zeugen, ist heute in der Schweiz, anders als im Grossteil Europas, verboten.

Die Entscheide – ausgenommen die Abstimmungsempfehlung zur Massentierhaltungsinitiative, die Änderung des Geschäftsreglements des Nationalrats und die Verordnung der Bundesversammlung über die Organisation der Armee – unterstehen dem fakultativen Referendum.

Die Entscheide vom Donnerstag, 17. März

«Keine Werbung» heisst «Keine Werbung»: Nach dem Willen des Nationalrats soll künftig nur noch Werbesendungen erhalten, wer dies ausdrücklich wünscht. Die grosse Kammer hat eine entsprechende Motion von Katja Christ (GLP/BS) mit 96 zu 85 Stimmen bei sechs Enthaltungen angenommen. Der Vorstoss geht an den Ständerat. Der Bundesrat lehnte die verlangte Änderung des Postgesetzes ab. Die bestehende Lösung mit «Keine Werbung»-Klebern habe sich bewährt.

Besserer Covid-Schutz für immungeschwächte Menschen: Der Nationalrat möchte immungeschwächten Personen, die trotz Impfung keine Immunabwehr gegen Covid-19 entwickeln, schnellstmöglich den Zugang zu prophylaktischen Therapien ermöglichen. Er hat eine entsprechende Motion seiner Gesundheitskommission gutgeheissen. Der Entscheid fiel deutlich mit 128 zu 32 Stimmen bei 18 Enthaltungen. Dagegen stimmten nur Vertreterinnen und Vertreter der SVP-Fraktion.

Nationalrat will Eizellenspende für Ehepaare legalisieren: Die Legalisierung der Eizellenspende nimmt eine erste Hürde. Der Nationalrat will die Eizellenspende für Ehepaare möglich machen, bei welchen der Unfruchtbarkeitsgrund bei der Frau liegt. Der Vorstoss erreichte wie in der vorberatenden Kommission auch in der grossen Kammer eine komfortable Mehrheit. Der Entscheid fiel mit 107 zu 57 Stimmen bei 16 Enthaltungen. Nun entscheidet der Ständerat.

Lesen Sie hier, wie die Debatte im Nationalrat verlief.

Keine Grenzschliessung für Grenzgänger bei Pandemien: Bei Grenzschliessungen in Folge einer Pandemie soll die Reisefreiheit und Mobilität der Grenzgängerinnen und Grenzgänger nicht eingeschränkt werden. Das Parlament hat einen Vorstoss angenommen, der verlangt, das Epidemiengesetz entsprechend zu ergänzen.

Mehr Prävention gegen Gewalt: Der Bund soll regelmässig Kampagnen gegen häusliche, sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt führen. Der Ständerat hat dazu eine Motion von Marianne Maret (Mitte/VS) angenommen. Hinter der Motion stehen alle 13 Ständerätinnen. Die kleine Kammer sagte oppositionslos Ja zum Vorstoss. Nun hat noch der Nationalrat zu entscheiden, dem Motionen mit der gleichen Stossrichtung vorliegen.

Verlagerung des Güterverkehrs nicht gut genug: Besser, aber noch nicht gut genug. So lässt sich die Verlagerungspolitik im alpenquerenden Güterverkehr bilanzieren. Besser, weil der Anteil der Schiene weiter gestiegen und jener der Strasse gesunken sei, wie der Bundesrat in seinem Bericht festhält. Nicht gut genug, weil das Verlagerungsziel, das sich die Schweiz in die Verfassung geschrieben hat, erneut deutlich verfehlt wurde.

National- und Bundesrat wollen deshalb weitere Massnahmen ergreifen: so dürften künftig auch Fahrzeuge mit neueren, alternativen Antrieben eine höhere Schwerverkehrsabgabe bezahlen müssen. Und die Schweiz soll sich für den Ausbau der Bahnstrecke nördlich von Strassburg einsetzen. Diese Vorstösse waren im Rat unbestritten. Der Ständerat wird die Verlagerungspolitik noch diskutieren. (stram)

Bericht zu CO2-neutralem Fliegen: Nach der Ablehnung der Totalrevision des CO2-Gesetzes will der Nationalrat die künftigen klimapolitischen Massnahmen im Flugverkehr umfassend diskutieren. Er hat gegen den Willen der SVP ein entsprechendes Kommissionspostulat überwiesen. Der Entscheid fiel mit 128 zu 48 Stimmen. Gefordert wird vom Bundesrat ein Bericht zur Frage, wie CO2-neutrales Fliegen bis 2050 ermöglicht werden kann. Die Regierung zeigte sich mit dem Auftrag einverstanden.

10 Mitglieder des Nationalrats in Isolation

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Der erneute Anstieg der Corona-Infektionen macht auch vor dem Parlament nicht halt. Wie die Präsidentin des Nationalrats Irène Kälin bekannt gab, sind heute 10 Nationalrätinnen und Nationalräte in Isolation und nehmen von zu Hause aus an den Abstimmungen teil. Der Rat hat während der Pandemie die Voraussetzungen geschaffen, dass dies möglich ist.

Nationalrat will Milde für illegale Bauten: Illegal erstellte Gebäude ausserhalb von Bauzonen sollen nicht mehr abgerissen werden müssen, sofern sie älter als 30 Jahre sind. Dies will der Nationalrat. Er hat einer entsprechenden Motion seiner Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie zugestimmt. Der Vorstoss geht damit an den Ständerat.

Die Entscheide vom Mittwoch, 16. März

Höhere Einzahlungen in Säule 3a: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen nach dem Willen des Nationalrats künftig jährlich bis zu 15'000 Franken in die Säule 3a einzahlen können – und dafür einen Steuerabzug geltend machen dürfen. Die grosse Kammer hat eine entsprechende parlamentarische Initiative von Erich Hess (SVP/BE) mit 96 zu 85 Stimmen angenommen. Als Nächstes muss sich die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats mit der Sache befassen.

Kein Moratorium hinsichtlich der 5G-Technologie in der Schweiz: Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat drei Standesinitiativen der Kantone Genf, Neuenburg und Jura abgelehnt. Der Ständerat hatte die Standesinitiativen schon in der Wintersession verworfen, sie sind damit vom Tisch. Genf, Neuenburg und der Jura forderten ein schweizweites Moratorium für den Einsatz von 5G-Millimeterwellen, bis eine schweizweite Übersicht über die Belastung der Bevölkerung vorliege. Dabei geht es um einen möglichen weiteren Ausbauschritt, der über die reine Errichtung von 5G-Antennen hinausgeht.

Nationalrat erneut für Stimmrechtsalter 16 auf Bundesebene: Der Nationalrat will 16-Jährigen weiterhin das aktive Stimm- und Wahlrecht geben. Er hat es abgelehnt, eine entsprechende parlamentarische Initiative abzuschreiben. Die grosse Kammer fällte ihren Entscheid mit 99 zu 90 Stimmen. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats wird nun einen Umsetzungsvorschlag zur parlamentarischen Initiative von Nationalrätin Sibel Arslan (Grüne/BS) erarbeiten.

Stimmrechtsalter im internationalen Vergleich

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In Europa kennen nur Österreich und Malta das Stimmrechtsalter 16 auf nationaler Ebene. In anderen Ländern können 16-Jährige begrenzt mitbestimmen, beispielsweise in einigen Bundesländern Deutschlands auf Länder- und kommunaler Ebene oder in Schottland und Wales für die Parlamentswahlen. Im internationalen Vergleich sticht Südamerika hervor. In Argentinien, Brasilien, Ecuador, Nicaragua und Kuba gilt Stimmrechtsalter 16. Höhere Alterszulassungen gibt es auch. In Kamerun liegt die Grenze bei 20 Jahren, in Singapur oder Oman gar bei 21.

Sexuelle Belästigung von Kindern im Internet soll Offizialdelikt werden: Der Nationalrat will die sexuelle Belästigung von Kindern und Jugendlichen im Internet und in sozialen Medien strafrechtlich anders erfassen. Insbesondere sollen solche Taten von Amts wegen verfolgt werden. Die grosse Kammer hat mit 93 zu 89 Stimmen bei drei Enthaltungen eine entsprechende Motion angenommen. Der Vorstoss geht an den Ständerat.

Kein Pardon bei Mietverzug wegen Pandemie: Der Ständerat will Mieterinnen und Mietern, die während der behördlichen Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie mit ihrem Mietzins in Rückstand gekommen sind, keine längeren Fristen gewähren. Mit 26 zu 12 Stimmen lehnte er eine Genfer Standesinitiative ab. Die Rede ist im Text von einer Zahlungsfrist von «mindestens 90 Tagen». Die Mehrheit lehnte die Initiative ab und verwies auf das während des Lockdowns im Frühling 2020 angewandte Notrecht. Schon 2020 habe das Parlament eine Verlängerung des Notrechts abgelehnt. Jetzt geht das Geschäft in den Nationalrat.

Ukraine-Debatte im Nationalrat: Heute hat sich der Nationalrat mit dem Krieg in der Ukraine beschäftigt und zum Teil sehr unterschiedliche Anliegen an den Bundesrat formuliert. So forderten etwa die Grünen, dass sich die Schweiz von russischem Gas unabhängig machen und Gasheizungen ersetzen solle. Die SVP ihrerseits erwartet hingegen, dass der Bundesrat die Energiepreise senkt.

Weiter haben die Fraktionen im Nationalrat skizziert, welche Lehren die Schweiz aus der Krise ziehen soll. Beschlüsse gab es in der rund dreistündigen Debatte keine. Die Landesregierung unterstrich den Stellenwert des Themas, indem sie vier Mitglieder in den Nationalratssaal schickte.

Lesen Sie hier, wie die Ukraine-Debatte im Nationalrat verlief .

Finanzhilfe für die SBB: Die SBB soll wegen der Einbussen in der Corona-Pandemie zusätzliche Finanzhilfen erhalten. Der Ständerat hat eine entsprechende Motion seiner Finanzkommission gegen den Willen des Bundesrates mit 27 zu 12 Stimmen bei einer Enthaltung gutgeheissen. Das Geschäft geht an den Nationalrat.

Die besorgniserregenden Defizite von 2020 und 2021 wegen der Folgen der Coronapandemie stellen nach Ansicht des Ständerats die Bilanz der SBB und deren Zukunft in Frage. Deshalb seien die Ausfälle als ausserordentlich zu werten und der SBB zusätzliche Finanzhilfe zur Verfügung zu stellen.

Die Entscheide vom Dienstag, 15. März

Lex Koller bleibt wie gehabt: Ausländische Investoren sollen nicht schärfere Bewilligungspflichten für den Kauf von Grundstücken und Anteilen von Wohnimmobilien erfüllen müssen. Der Ständerat hat eine Revision der Lex Koller deutlich abgelehnt – mit 26 zu 11 Stimmen.

Sorgerecht wird in Einwohnerregister eingetragen: Wer für ein Kind das Sorgerecht hat, soll künftig im Einwohnerregister stehen. Dafür hat sich nach dem Nationalrat auch der Ständerat diskussionslos ausgesprochen. Der Bundesrat hat nun den Auftrag, dafür rechtliche Grundlagen zu schaffen. Heute hätten Behörden zuweilen Probleme, herauszufinden, wer das Sorgerecht habe, sagte Kommissionssprecher Benedikt Würth (Mitte/SG).

Nationalrat will neue Regeln bei Medienabgabe für Unternehmen: Der Nationalrat will Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitenden von der Radio-und-TV-Gebühr befreien. Er hat einer entsprechenden parlamentarischen Initiative von Fabio Regazzi (SVP/TI) zugestimmt. Die Initiative geht damit erneut an die zuständige Ständeratskommission. Diese hatte sich im April 2021 gegen die Initiative ausgesprochen. Heute müssen Unternehmen die Medienabgabe zahlen, sofern sie mehr als 500'000 Franken Umsatz im Jahr erzielen.

Der Nationalrat will auch keinen Verfassungsartikel, wonach der Bund neben Radio und Fernsehen auch Presseunternehmen direkt fördert. Er hat als Zweitrat eine parlamentarische Initiative abgelehnt.

Neuer Anlauf zu Verhandlungen mit der EU: Der Nationalrat will vom Bundesrat einen neuen Anlauf bei den Verhandlungen mit der Europäischen Union zur Klärung der offenen institutionellen Fragen. Er hat eine parlamentarische Initiative seiner Aussenpolitischen Kommission mit 127 zu 58 Stimmen angenommen. Diese will die Eckwerte des Dialogs sowie den Einbezug von Parlament und Kantonen in einem Gesetz regeln. Nun muss sich die zuständige Ständeratskommission mit der Sache befassen.

Weniger Mehrwertsteuer auf Benzin & Co: Der Bund soll nach dem Willen des Nationalrats keine Mehrwertsteuer auf jenen Teil des Preises von Treibstoff erheben, der bereits aus Steuern und Abgaben besteht. Die grosse Kammer hat sich mit 105 zu 84 Stimmen für eine parlamentarische Initiative von Franz Grüter (SVP/LU) ausgesprochen. Die Kommissionsmehrheit war vor allem wegen den Mindereinnamhmen gegen die Initiative. Die Initiative geht jetzt an die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats.

Ständerate plädieren für Aufrüstung wegen Kriegsgefahr: Armeebudget aufstocken, Beschaffung von Kampfjets beschleunigen, Verteidigungsfähigkeit der Schweiz erhöhen: Diese Forderungen haben mehrere Mitglieder des Ständerats aufgestellt. Der Krieg in der Ukraine brauche rasche Antworten, lautete der Tenor. Während über zwei Stunden wurden die Folgen des Kriegs für die Schweizer Armee diskutiert. Entscheide wurden keine gefällt, jedoch zeigte sich, in welche Richtung es in den kommenden Monaten gehen könnte. Die Debatte zum Nachlesen finden Sie hier.

100 Millionen für Corona-Medikamente: Das Bundesparlament hat zusätzliche 100 Millionen Franken für die Beschaffung von Medikamenten gegen Covid-19 bewilligt. Der Nationalrat ist in dieser Frage auf die Linie des Ständerats eingeschwenkt. In der vergangenen Woche hatte die grosse Kammer dies noch abgelehnt, weil sie sich am Vorgehen der kleinen Kammer störte und die Mittel auf ordentlichem Weg beschliessen wollte. Der Ständerat hatte die 100 Millionen Franken ohne Antrag des Bundesrats in den Beschluss aufgenommen. Die Medikamente sollen Menschen mit geschwächtem Immunsystem zugute kommen. Inhaltlich war die Beschaffung nicht umstritten.

Kauf von Wohnungen soll einfacher werden: Der Nationalrat will den Kauf von Wohneigentum mit Mitteln aus der beruflichen Vorsorge erleichtern. Er verlangt, dass der Eigenmittel-Anteil vollständig mit Geld aus der zweiten Säule gedeckt werden darf. Eine entsprechende Motion seiner Sozialkommission (SGK-N) nahm der Nationalrat mit 81 zu 71 Stimmen und mit einer Enthaltung an. Der Bundesrat stellte sich gegen die Motion. Sie geht nun an den Ständerat.

Lesen Sie hier mehr dazu, wie der Nationalrat den Kauf von Wohneigentum vereinfachen will.

Die Entscheide vom Montag, 14. März

Nationalrat zieht Lehren aus der Pandemie: Das Bundesparlament soll künftig virtuell tagen können. Generell soll es in Krisenlagen mehr Einfluss nehmen können, als dies zu Beginn der Corona-Pandemie der Fall war. Als Erstrat hat der Nationalrat entsprechenden Vorschlägen seiner Staatspolitischen Kommission (SPK-N) zugestimmt. Hintergrund der neuen Regelungen sind die Ereignisse im Frühling 2020. Damals war die Frühjahrssession abgebrochen worden.

Lesen Sie hier, wie die Debatte zum «virtuellen Parlament» verlief.

Schweiz wenig abhängig von Getreide aus Russland/Ukraine: Obwohl die Ukraine und Russland wichtige Exporteure von Getreide und Dünger sind, ist die Schweiz wenig abhängig von direkten Importen aus den beiden Ländern. Das hält das Wirtschaftsdepartement (WBF) in einer Antwort zur Fragestunde des Nationalrates fest. Lediglich 2 Prozent aller Getreide-Importe sowie 4 Prozent der eingeführten Futtermittel und 4.5 Prozent an pflanzlichen Ölen und Fetten stammen demnach aus den beiden Staaten.

Mehr erschwingliches Wohneigentum: Wohneigentum soll wieder für mehr Menschen in der Schweiz erschwinglich werden. Der Ständerat hat einen entsprechenden Vorstoss zur Vorprüfung an die zuständige Kommission überwiesen. Heidi Z'graggen (Mitte/UR) möchte insbesondere die direkte Förderung von Wohneigentum durch den Bund reaktivieren.

Schweiz soll an Copernicus-Satellitenprogramm teilnehmen: Die Schweiz soll beim europäischen Satellitenprogramm Copernicus nicht abseits stehen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einen Vorstoss diskussionslos angenommen, der die Teilnahme an diesem Programm verlangt. Die Schweiz habe im Gegensatz zu den meisten anderen europäischen Ländern kein eigenes Erdbeobachtungsprogramm, begründete Nationalrat Marco Romano (Mitte/TI) seine Motion. Hochschulen und Software-Industrie würden dies seit Jahren fordern.

Ruth Humbel (Mitte/AG) plant offenbar Rücktritt

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Humbel am Rednerpult
Legende: Keystone

Die als Gesundheitspolitikerin schweizweit bekannte Mitte-Nationalrätin Ruth Humbel trifft im Sommer vorzeitig zurück. Die heute 64-jährige Nationalrätin aus dem Kanton Aargau ist seit 2003 im Amt. Humbel selbst will die Informationen der «Aargauer Zeitung» zurzeit zwar nicht kommentieren. Fakt ist laut der AZ jedoch, dass ihr Rücktritt vor den nächsten Wahlen 2023 intern schon länger besprochen worden ist. Bereits vor den Nationalratswahlen 2019 war es ein Thema, ob Humbel überhaupt nochmals hätte antreten sollen.

Parlament fordert Durchsetzung der Regeln im Autohandel: Der Bundesrat soll dafür sorgen, dass die Regeln gegen Wettbewerbsabreden im Autohandel durchgesetzt werden. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine entsprechende Motion von Gerhard Pfister (Mitte/ZG) gegen den Willen des Bundesrates mit 40 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Vom Bundesrat verlangt die Motion nun, mit einer Verordnung dafür zu sorgen, dass diese Bestimmungen in der Praxis effektiv umgesetzt werden.

Die Weko selbst könne die Vorgabe bei rund 5000 Unternehmen im Autogewerbe nicht durchsetzen, sagt Pfister. Es sei nicht zielführend, für den Automarkt eine Ausnahme mit einer Verordnung zu schaffen, wandte sich Bundesrätin Karin Keller-Sutter in Vertretung des in Isolation arbeitenden Wirtschaftsministers Guy Parmelin erfolglos gegen die Motion.

Wieder repetitive Coronatests im Parlament

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Wegen der in der Schweiz wieder stark ansteigenden Coronafälle können sich die Mitglieder des Nationalrats diese Woche wieder testen lassen. Die Parlamentsdienste würden ab sofort wieder tägliche repetitive Speicheltests anbieten. Das hat Nationalratspräsidentin Irène Kälin (Grüne/AG) verkündet. Das gilt natürlich auch für die Ständerätinnen und Ständeräte.

Ständerat stützt Schweizer Kandidatur für UNO-Sicherheitsrat: Der Ständerat will wie schon der Nationalrat nichts wissen von einem Verzicht der Schweiz auf eine Kandidatur für den UNO-Sicherheitsrat – trotz der wegen des Kriegs in der Ukraine angespannten Weltlage. Die kleine Kammer hat eine entsprechende Motion der SVP mit 26 zu 11 Stimmen bei vier Enthaltungen abgelehnt. Die Schweiz kandidiert unter dem Slogan «Ein Plus für den Frieden» für einen nicht-ständigen Sitz im Sicherheitsrat für die Jahre 2023 und 2024. Der Bundesrat hat die Kandidatur 2011 beschlossen und eingereicht – nach umfangreicher Konsultation mit dem Parlament.

Die Wahl findet im Juni 2022 in New York statt. Entscheiden werden die 193 Länder der UNO-Generalversammlung. Für die zwei Sitze westlicher Staaten kandidieren lediglich die Schweiz und Malta. Deshalb gilt die Wahl als Formsache.

Lesen Sie hier die wichtigsten Voten der Debatte im Ständerat.

Keller-Sutter: Schutz von aus Ukraine geflüchteten Frauen «auf dem Radar»: Die Schweizer Behörden richten ein besonderes Augenmerk auf den Schutz von aus der Ukraine geflüchteten Frauen. Dies,  nachdem es namentlich in Deutschland Anhaltspunkte gibt, dass gewisse Männer sich dafür interessieren, Frauen bei sich aufzunehmen . Sie hoffe sehr, dass es zu keinen Zwischenfällen komme, sagte Justiziministerin Karin Keller-Sutter in der Fragestunde des Nationalrates.

Die Bundespolizei habe diese Problematik «extrem auf dem Radar», sagte die Magistratin in der grossen Kammer. Auch die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) kümmere sich ganz besonders um diesen Aspekt.

Die zweite Sessionswoche im Überblick

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  • Der Nationalrat lehnt einen Vorstoss der SVP ab. Sie wollte, dass die Schweiz ihre Kandidatur für einen Sitz im UNO-Sicherheitsrat zurückzieht.
  • Die Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr bei Raserdelikten soll fallen. So will es der Nationalrat in der Teilrevision des Strassenverkehrsgesetzes.
  • Der Nationalrat hat den Sicherheitspolitischen Bericht des Bundesrats zur Kenntnis genommen, möchte aber einen Zusatzbericht erstellen lassen – wegen des Angriffs Russlands auf die Ukraine.
  • Der Nationalrat will Preisbindungsklauseln verbieten. Das heisst, Hotels sollen Zimmer selbst billiger anbieten dürfen als auf den einschlägigen Buchungsplattformen.
  • Missbräuchliche Konkurse sollen erschwert werden. Beide Kammern haben sich auf entsprechende Gesetzesänderungen geeinigt.

Die Entscheide vom Donnerstag, 10. März

Mehr Hilfe für Afghanistan: Der Nationalrat will einen grösseren Beitrag zugunsten der Menschen in Afghanistan leisten. Er hat einer entsprechenden Motion seiner Aussenpolitischen Kommission zugestimmt. Der Bundesrat soll demnach die Zusammenarbeit mit allen Parteien intensivieren und dem Parlament wenn nötig einen Nachtragskredit für die humanitäre Hilfe zu unterbreiten. Die grosse Kammer fällte ihren Entscheid mit 112 zu 55 Stimmen bei 7 Enthaltungen. Der Vorstoss geht damit an den Ständerat.

Definitiv ein Denkmal für Naziopfer: Der Nationalrat hat seinen Willen bekräftigt, dass in Bern einen offiziellen Gedenkort für die Opfer des Nationalsozialismus entstehen soll. Er hat den entsprechenden Vorstoss ohne Gegenstimme überwiesen. Mit der Zustimmung zur Motion von Ständerat Daniel Jositsch (SP/ZH) durch nunmehr beide Kammern haben die Räte ihre Unterstützung für eine fast gleichlautende Motion von Nationalrat Alfred Heer (SVP/ZH) bestätigt. Der Bundesrat kann nun die entsprechenden Umsetzungsarbeiten an die Hand nehmen.

Räte bei Krediten für Covid-Medikamente uneins: Der Nationalrat lehnt einen Nachtragskredit von 100 Millionen Franken für die Beschaffung von Medikamenten gegen Covid-19 ab. Anders als der Ständerat will er die Mittel erst später beschliessen. Die kleine Kammer muss sich daher nochmals mit den Nachträgen zum Budget befassen. Die Beschaffung der Medikamente als solche stellte keine Partei infrage. Der kleinen Kammer wurde im Rat vorgeworfen, sich nicht eingehend mit der Materie befasst zu haben. In der Corona-Pandemie würden Ausgaben zunehmend ohne genauere Prüfung durchgewinkt.

Kandidatur für UNO-Sicherheitsrat: Die SVP-Fraktion hat eine ausserordentliche Session im Nationalrat beantragt, um die Motion «Keine Kandidatur für den UNO-Sicherheitsrat» zu debattieren. Die Schweiz soll im Juni für zwei Jahre Einsitz in das Gremium erhalten.

Die grosse Kammer lehnte die Motion mit 125 zu 56 Stimmen bei 8 Enthaltungen ab. Eine Motion mit derselben Forderung von SVP-Parteipräsident Marco Chiesa wird am Montag im Ständerat behandelt.

Die Entscheide vom Mittwoch, 9. März

Rückkehr der Rundstreckenrennen: Im Rahmen der Revision des Strassenverkehrsgesetzes sprach sich eine Mehrheit des Nationalrates auch dafür aus, die in der Schweiz seit den 1950er-Jahren verbotenen Rundstreckenrennen wieder zu erlauben. Damals gab es in Le Mans (F) einen schweren Unfall, worauf die Schweiz mit einem Verbot reagierte.

Eine Mehrheit im Rat befand, dieses Verbot sei aufgrund der erhöhten Sicherheit im Motorsport nicht mehr zeitgemäss. Eine links-grüne Minderheit wehrte sich gegen die Aufhebung des Verbots, unter anderem weil damit angesichts der sich verschärfenden Klimakrise ein negatives Signal ausgesandt würde. Die Vorlage geht weiter an den Ständerat.

Nationalrat schafft Mindestfreiheitsstrafe für Raser ab: Bei Raserdelikten sollen die Gerichte wieder mehr Ermessensspielraum erhalten. Der Nationalrat hat die schon im Herbst 2021 beschlossene Abschaffung der Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr nun bestätigt. Zudem senkte der Nationalrat die Dauer für den Führerausweisentzug von 24 auf 12 Monate und folgte damit dem Bundesrat.

Kritiker monieren schon länger, der Gesetzgeber nehme den Richtern mit dem starren Automatismus jeglichen Beurteilungsspielraum. Der Nationalrat beschloss darum mit 148 zu 38 Stimmen bei 2 Enthaltungen, künftig auf die Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr zu verzichten.

Lesen Sie hier den Debattenbericht und die Analyse zum Thema Raser.

Umgang der Armee mit Homosexuellen: Der Bundesrat muss das Unrecht aufarbeiten, das Homosexuellen und Angehörigen anderer Minderheiten in der Armee bis in die 1990er-Jahre angetan worden ist. Prüfen soll er auch eine Wiedergutmachung. Mit 132 zu 52 Stimmen und mit 7 Enthaltungen hiess der Nationalrat ein Postulat aus der SP-Fraktion gut, gegen den Willen der SVP-Fraktion. Der Bundesrat ist mit der Forderung einverstanden.

Markierung mit «HS» in Dienstunterlagen

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Priska Seiler Graf (SP/ZH) bezeichnete die frühere Kennzeichnung von Homosexuellen mit den mit Bleistift angebrachten Buchstaben «HS» in den Dienstunterlagen als diskriminierend. Das «HS» habe für Betroffene weitreichende Folgen haben können, so die Postulantin. Selbst nach 1992, als das neue Sexualstrafrecht in Kraft trat, habe es noch Einträge und unbestätigte Hinweise auf schwarze Listen gegeben, um Schwule von höheren Dienstgraden fernzuhalten. Da die Daten von Armeeangehörigen nach dem Ende der Dienstpflicht aber längstens fünf Jahre aufbewahrt würden, werde es «Oral History» – die Befragungen von Zeitzeugen – brauchen.

Kenntnis von Sicherheitspolitischem Bericht: Die Debatte um den bereits im November verabschiedeten Sicherheitspolitischen Bericht erhielt durch den Krieg in der Ukraine neues Gewicht. Er beschreibe die Situation treffend, lautete der Tenor. Mit Blick auf den Angriff auf die Ukraine wurden Stimmen für eine Erhöhung des Armeebudgets laut.

Der Nationalrat hat ihn heute einstimmig zur Kenntnis genommen. Eine Rückweisung des Berichts zur Überarbeitung sei zwar angesichts der jüngsten Entwicklungen diskutiert worden. Man sei aber mit dem Bundesrat übereingekommen, dass dieser bis Ende Jahr einen Zusatzbericht verfassen solle, sagte Ida Glanzmann (Mitte/LU).

Der Sicherheitspolitische Bericht wird als nächstes vom Ständerat behandelt. Zum Ukraine-Krieg und dessen Folgen für die Schweiz sprechen nächste Woche beide Kammern erneut. Die Ratsbüros haben entsprechenden Wünschen nach aktuellen Debatten stattgegeben.

Nachträgliches Ja zu Corona-Armeeeinsatz: Das Parlament hat den dritten Armeeeinsatz wegen der Pandemie nachträglich gutgeheissen. Der Bundesrat hatte den Assistenzdienst von maximal 2500 Armeeangehörigen bis Ende März letzten Dezember bewilligt. Nach dem Ständerat sagte nun auch der Nationalrat ohne Gegenstimmen Ja dazu.

Unterbruch der Session für die Ukraine

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In der ganzen Schweiz haben um 10:00 Uhr die Kirchenglocken als Zeichen des Protests gegen den Krieg in der Ukraine geläutet. Mit der Aktion sollte auch die Solidarität mit den Betroffenen bekundet werden. Der Nationalrat unterbrach seine Sitzung für eine Viertelstunde. Ratspräsidentin Irène Kälin (Grüne/AG) lud alle ein, während des nationalen Glockenläutens der Kriegsbetroffenen in der Ukraine zu gedenken.

Die Entscheide vom Dienstag, 8. März

Pro und Contra eines EWR-Beitritts: Der Bundesrat soll Vor- und Nachteile einer Mitgliedschaft im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) evaluieren und darüber Bericht erstatten. Der Nationalrat überwies ein entsprechendes Postulat von Roland Fischer (GLP/LU) – mit 112 zu 69 Stimmen bei 6 Enthaltungen und gegen den Willen der SVP.

EU-Fahne vor Bundeshaus
Legende: Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR): Das Stimmvolk entschied sich im Referendum am 6. Dezember 1992 mit einem Nein-Anteil von 50.3 Prozent knapp dagegen. Keystone

Der Bundesrat erarbeitet derzeit einen Bericht zu den Beziehungen mit der EU. Dieser wird eine Beurteilung der Beziehungen der Schweiz zur EU vornehmen sowie Massnahmen zur Sicherstellung des Zugangs zum EU-Binnenmarkt und einer guten Zusammenarbeit mit der EU umfassen. Die Frage des EWR-Beitritts wird in diesem Zusammenhang erläutert, wie der Bundesrat in seiner Antwort auf den Vorstoss schrieb.

Ausnahmen beim Gentech-Moratorium: In der Wintersession entschied sich die kleine Kammer nur mit Stichentscheid des Ratspräsidenten für eine Aufweichung des Gentech-Moratoriums. Nach dem Nationalrat vergangene Woche hat nun aber auch eine Ständeratsmehrheit eine Sonderregelung für neue Methoden gentechnischer Editierung von Pflanzen beschlossen. Gemäss dem Kompromissvorschlag muss der Bundesrat bis Mitte 2024 eine risikobasierte Zulassungsregelung vorlegen, wie «gentechnisch veränderte Organismen ohne transgenes Erbmaterial» – zum Beispiel mittels CRISPR/Cas – vom geltenden Moratorium ausgenommen werden können. Damit besteht keine Differenz mehr und das Geschäft ist bereit für die Schlussabstimmung.

So funktioniert die CRISPR/Cas-Methode

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Das Akronym CRISPR steht für «Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats». CRISPR/Cas ist eine mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Methode, mit der Forscher das Erbgut fast beliebig verändern können.

Die Methode schauten sich Forschende von bestimmten Bakterien ab. Wenn diese Bakterien von einem Virus befallen werden, benutzen sie ein Protein namens Cas, um sich davor zu schützen. Das Cas-Protein schneidet das Erbgut der Bakterien an bestimmten Stellen auseinander und baut sie anschliessend mit Hilfe eines neuen DNA-Flickens wieder zusammen. Das Viren-Erbgut wird dadurch unschädlich gemacht und die Infektion ist abgewehrt.

Seit 2012 arbeiten Forschende daran, diesen Reparatur-Mechanismus auf sehr einfache Art und Weise auch ausserhalb von Bakterienzellen einzusetzen. Das klappt inzwischen in Tier-, Pflanzen- und Menschenzellen.

Anpassungen am Personenbeförderungsgesetz: Das Parlament ist mit Gesetzesanpassungen, die Subventionsaffären wie den «Fall Postauto» verhindern sollen, grundsätzlich einverstanden. Unter anderem will es ein Gewinnverbot für subventionierte Regionalverkehrsunternehmen explizit vorschreiben. Details sind aber noch umstritten, wie sich im Ständerat zeigte. Die Vorlage geht nun zurück in den Nationalrat.

Höhere Hürden bei «Shoppingtouren»: Das Parlament will strengere Regeln für staatliche und staatsnahe Betriebe mit marktbeherrschender Stellung, wie etwa die Post oder die SBB, wenn diese andere Unternehmen übernehmen wollen. Der Nationalrat hat zwei entsprechend lautende Motionen überwiesen. Deren Ziel ist es, Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Der Ständerat hatte die Motionen in der letzten Herbstsession angenommen. Der Bundesrat muss nun Vorschläge zu deren Umsetzung machen.

Schluss mit «Knebelverträgen» von Buchungsseiten: Hotels sollen Zimmer auf der eigenen Website günstiger anbieten dürfen als auf Buchungsplattformen. Der Nationalrat als Erstrat will Preisbindungsklauseln künftig verbieten – und Anbietern wie beispielsweise Booking.com noch engere Grenzen setzen. Der Entscheid fiel mit 109 zu 70 Stimmen bei 13 Enthaltungen. Die Vorlage geht auf einen Vorstoss von Mitte-Ständerat Pirmin Bischof (SO) von 2016 zurück, den das Parlament ein Jahr später an den Bundesrat überwiesen hatte. Obwohl die Regierung dagegen war, in die Praktiken von Buchungsplattformen einzugreifen, musste sie die Forderung umsetzen.

Mehr zu den Argumenten dafür und dagegen lesen Sie hier .

Nationalrat will nationale Regeln für Mindestlöhne: In mehreren Grenzkantonen sind seit Längerem Gesetze für Mindestlöhne in Kraft. Der Nationalrat spricht sich nun für eine nationale Regelung zur Durchsetzung der Regeln für Entsandte aus – und widersetzt sich damit dem Ständerat. Die grosse Kammer hat eine entsprechende Revision des Entsendegesetzes beschlossen. Der Entscheid fiel mit 106 zu 77 Stimmen bei 5 Enthaltungen. Dabei setzte sich eine Mehrheit aus SP, Grünen und Mitte-Fraktion durch.

Nationalratspräsidentin erinnert an Leid in Ukraine

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Nationalratspräsidentin Irène Kälin
Legende: Keystone

Zum Weltfrauentag vom 8. März verlas Nationalratspräsidentin Irène Kälin eine Erklärung im Nationalrat. Die Grünen-Politikerin erinnerte dabei an das Schicksal der vielen Frauen, die mit ihren Kindern im Ukraine-Krieg vertrieben worden sind. «Und so weh es tut, dass wir im Moment machtlos zusehen müssen, so sehr sind wir gleichzeitig gefordert, uns bestmöglich auf die Menschen vorzubereiten, die in den kommenden Tagen, Wochen und Monaten bei uns Schutz suchen werden.»

Die oberste Schweizerin würdigte weiter die grosse Hilfsbereitschaft der Schweizer Bevölkerung. «So sehr wir uns vereint mit Europa um das baldige Ende dieses Krieges bemühen, geht das Leid in der Ukraine doch Tag für Tag und Nacht für Nacht weiter, und uns bleibt das Herz fast stehen. Ich verstehe deshalb alle unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger, die helfen wollen.»

Wenn ein Kanton Mindestlöhne erlasse, hätten diese auch für entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu gelten, argumentierte Regula Rytz (Grüne/BE) für die Vorlage. Gerade in Grenzkantonen sei es wichtig, dass für einheimische Firmen nicht strengere Regeln gälten als für ausländische. Insgesamt unterstützten 23 Kantone die Vorlage.

Die Entscheide vom Montag, 7. März

Verbot von lästigen Makler-Anrufen: Der Nationalrat will unliebsamen Telefonanrufen von Versicherungsvermittlerinnen und -vermittlern endgültig einen Riegel schieben. Er hat einer Vorlage zugestimmt, mit welcher das Verbot der telefonischen Kaltakquise auf eine gesetzliche Grundlage gestellt wird. Der Rat stimmte mit 162 zu 12 Stimmen bei 22 Enthaltungen dem Gesamtpaket zu, mit dem den Versicherern – namentlich Krankenkassen – strengere Regeln für Vermittler auferlegt werden.

Ausweisung während der Lehre: Der Ständerat ist gegen Änderungen im Asylgesetz, die es für Asylsuchende erleichtert hätten, trotz negativem Asylentscheid eine Lehre oder Vorlehre in der Schweiz zu beenden. Er lehnte eine entsprechende Motion mit 22 zu 20 Stimmen knapp ab. Es gebe bereits Möglichkeiten, für Betroffene Lösungen zu finden, und mit dem beschleunigten Asylverfahren stelle sich das Problem nur noch selten, hiess es. Das Anliegen ist damit vom Tisch.

Erleichterte Einbürgerung mit «Ehe für alle»: Frauen und Männer, die in einer eingetragenen Partnerschaft mit einer Schweizerin oder einem Schweizer leben, sollen sich nicht erleichtert einbürgern lassen können. Das hat der Ständerat mit 29 zu 12 Stimmen entschieden. Die Begründung: Mit dem Ja zur «Ehe für alle» könnten gleichgeschlechtliche Paare ab Juli 2022 heiraten oder ihre Partnerschaft in eine Ehe umwandeln lassen und auf dem Weg von der erleichterten Einbürgerung profitieren. Als nächstes muss sich der Nationalrat dazu äussern.

Mann mit Rucksack, eine Regenbogen- und eine Schweizfahne
Legende: Laut dem Bundesamt für Statistik leben rund 1500 Ausländerinnen und Ausländer in eingetragenen Partnerschaften mit einem Schweizer oder einer Schweizerin, wie Bundesrätin Karin Keller-Sutter im Ständerat sagte. Es sei davon auszugehen, dass viele von ihnen, wenn sie sich einbürgern lassen wollen, die Partnerschaft in eine Ehe umwandeln. Keystone

Parlament erschwert missbräuchliche Konkurse: Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat der bereinigten Fassung der Revision des Konkursgesetzes zugestimmt. Herzstück der Vorlage bilden Massnahmen im Strafrecht wie etwa das Tätigkeitsverbot bei Missbräuchen. Zudem müssen neu auch staatliche Gläubiger Schuldner auf Konkurs betreiben. Die Vorlage ist bereit für die Schlussabstimmung.

Eine Differenz beim Öffentlichkeitsgesetz: Amtliche Dokumente der Bundesverwaltung sollen künftig grundsätzlich kostenlos eingesehen werden dürfen. So weit sind sich die Räte einig. Sie wollen aber für besonders aufwendige Gesuche Gebühren zulassen. Umstritten ist, wie viel dafür maximal verrechnet werden darf. Der Ständerat nahm die Vorlage im zweiten Anlauf mit 38 zu 2 Stimmen ohne Enthaltung an.

Demnach darf das Einsehen von amtlichen Dokumenten – etwa für Medienschaffende – künftig grundsätzlich nichts mehr kosten, ausser die Bearbeitung eines Gesuchs erfordert eine «besonders aufwändige Bearbeitung». Der Ständerat will dabei keine Obergrenze setzen. Der Nationalrat will eine Limite 2000 Franken. Er ist nun wieder am Zug.

Fragen zum Krieg in der Ukraine: Die zweite Woche der Frühlingssession begann mit der Fragestunde im Nationalrat. Zahlreiche Fragen drehten sich um den Krieg in der Ukraine und die Rolle der offiziellen Schweiz. Ignazio Cassis, Bundespräsident und Vorsteher des Aussendepartements, äusserte sich zu den Sanktionen der EU, die die Schweiz mitträgt. Er betonte, dass dies die Neutralität der Schweiz nicht ritze – das mache die Schweiz nicht zu einer Kriegspartei. Was hingegen inakzeptabel sei, sei die Drohung Russlands mit seinen Atomwaffen.

Bundespräsident beantwortet Fragen im Nationalrat

Ueli Maurer: «Keine Milliarden von Oligarchen abgeflossen»

Finanzminister Ueli Maurer sagte in der Fragestunde des Nationalrats, es lägen darüber keine Angaben vor, wie viel Geld aus dem Umfeld des russischen Präsidenten Wladimir Putin vor dem Einfrieren der Vermögen sanktionierter Personen aus der Schweiz abgezogen wurde. Er vermute jedoch, es handle sich nicht um Milliarden. Dafür seien die Banken zu vorsichtig. Insbesondere die SP hatte letzte Woche kritisiert, der Bundesrat habe bei den Sanktionen zu zögerlich gehandelt. Oligarchen hätten dadurch die Möglichkeit erhalten, ihr Vermögen zu verschieben.

Die erste Sessionswoche im Überblick

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  • Der Nationalrat lehnt die Gletscher-Initiative ab. Er nimmt dafür den direkten Gegenvorschlag an.
  • Stände- und Nationalrat sehen Ausnahmen vom Gentech-Moratorium vor, etwa für mit der CRISPR-Methode veränderte Pflanzen.
  • Beim Veloweggesetz sind alle Differenzen ausgeräumt. Es soll die Infrastruktur für den Veloverkehr in der Schweiz verbessern.
  • Die Massentierhaltungs-Initiative wird von beiden Kammern wie vom Bundesrat zur Ablehnung empfohlen – ohne Gegenvorschlag.
  • National- und Ständerat haben Nachtragskredite zur Bewältigung der Corona-Pandemie bewilligt.
  • In Bern soll ein offizielles Denkmal und ein Museum zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus entstehen. Beide Kammern nahmen die entsprechende Motion an.
  • Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine Erklärung zum Krieg in der Ukraine abgesegnet, die den russischen Einmarsch verurteilt und zum Waffenstillstand aufruft.

Die Entscheide vom Donnerstag, 3. März

Nationalrat gegen Gletscher-Initiative: Nach sechseinhalb Stunden und 70 Rednerinnen und Rednern, verteilt über zwei Tage, hat sich der Nationalrat auf die Seite des Bundesrates geschlagen und das Volksbegehren «Für ein gesundes Klima» (Gletscher-Initiative) mit 99 zu 89 Stimmen bei vier Enthaltungen zur Ablehnung empfohlen. Die grosse Kammer setzt stattdessen auf den direkten Gegenvorschlag – dies mit 104 zu 67 Stimmen bei 21 Enthaltungen. Der Gegenvorschlag sieht auch ein Netto-Null-Ziel bis 2050 bei den CO₂-Emissionen vor, verzichtet aber auf ein Verbot fossiler Energieträger. Nun ist der Ständerat am Zug.

Ständerat beerdigt Lohndeckel: Den bundesnahen Betrieben wie SBB und Swisscom soll kein Maximallohn von einer Million Franken für ihre obersten Kader vorgeschrieben werden. Der Ständerat hat eine entsprechende Vorlage zum zweiten Mal abgelehnt. Damit ist das Geschäft erledigt. Der Entscheid fiel mit 27 zu 13 Stimmen bei einer Enthaltung. Lesen Sie hier die Analyse zur ersten Ablehnung .

Corona-Nachtragskredite durchgewinkt

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Der Bund kann für Kurzarbeitsentschädigungen, Härtefallhilfen und den Corona-Erwerbsersatz weitere 3.4 Milliarden Franken einsetzen. Als Zweitrat hat der Ständerat drei Nachtragskrediten zugestimmt – oppositionslos. Das Parlament hatte in der Wintersession beschlossen, die entsprechenden Bestimmungen des Covid-19-Gesetzes bis Ende 2022 zu verlängern. Die dafür benötigten Mittel konnten aus Zeitgründen nicht mehr im Rahmen der normalen Budgetdebatte gesprochen werden.

Sonderdebatten zum Ukraine-Krieg: Der Nationalrat (am 16. März, 08:30 Uhr) und der Ständerat (am 15. März, 08:15 Uhr) werden in dieser Session Sonderdebatten zum Krieg in der Ukraine führen. Dabei wird es unter anderem um eine mögliche Aufstockung der Mittel für die Armee, die Sanktionspolitik und die Hilfe für Geflüchtete gehen. Die zuständigen Büros haben eine Reihe von Interpellationen aus allen Fraktionen für dringlich erklärt, wie die Parlamentsdienste auf Twitter mitteilten. Beschlüsse werden nicht erwartet. Formal geht es um die Beantwortung von Fragen der Parlamentsmitglieder durch den Bundesrat.

Die Entscheide vom Mittwoch, 2. März

Ausnahmen vom Gentech-Moratorium: Das bestehende Moratorium für den Anbau gentechnisch veränderter Organismen in der Schweizer Landwirtschaft wird aufgeweicht. Nach dem der Ständerat in der Wintersession Ausnahmen beschlossen hat, hat sich nun auch der Nationalrat mit deutlicher Mehrheit dafür ausgesprochen, die Veränderung von Pflanzen mit neuen Methoden zu erlauben.

Genom-editierte Pflanzen: Befürworter und Gegnerin

Er wählt dafür aber einen anderen Weg als die kleine Kammer. Der Bundesrat soll gemäss dem Entscheid «bis Mitte 2024 Zulassungsregeln vorlegen, wie gentechnisch veränderte Organismen ohne transgenes Erbmaterial vom Moratorium ausgenommen werden können». Der Nationalrat folgt damit dem Kompromissvorschlag seiner Kommission für Wirtschaft, Bildung und Kultur (WBK-N). Als nächstes muss der Ständerat entscheiden, ob er diesem Vorschlag folgen will.

Mehr zur Debatte im Nationalrat zum Gentechnikgesetz lesen Sie hier.

Corona: Zuhause Abstimmen weiterhin möglich

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Ada Marra im Nationalrat (Archiv)
Legende: Die Nationalrätin Ada Marra ist derzeit in Isolation. Keystone

Die Corona-Massnahmen im Bundeshaus wurden zwar aufgehoben. Die Plexiglasscheiben zwischen den Plätzen sind weg und das Masketragen ist freiwillig. Was jedoch beibehalten wurde: Ratsmitglieder, die sich wegen eines positiven Covid-19-Tests in Isolation befinden, dürfen von zuhause aus an den Abstimmungen teilnehmen. Aktuell nutzen Ada Marra (SP/VD) und vier weitere Ratskolleginnen und -kollegen diese Möglichkeit. Darüber informierte Nationalratspräsidentin Irène Kälin (Grüne/AG) vor der Abstimmung über das Gentech-Moratorium.

Veloweggesetz bereit für Schlussabstimmung: Dreieinhalb Jahre nach der Annahme des Bundesbeschlusses über die Velowege durch Volk und Stände steht das neue Veloweggesetz. Der Nationalrat hat die letzten beiden Differenzen bereinigt, etwa die Frage, in welchen Fällen Velowege ersetzt werden müssen, wenn diese ganz oder teilweise aufgehoben werden. Der Nationalrat folgte bei dieser Bestimmung dem Ständerat. Demnach muss beim Ersatz auch das öffentliche Interesse berücksichtigt werden. Ursprünglich hatte der Rat dafür plädiert, dass lediglich die örtlichen Verhältnisse berücksichtigt werden müssen.

«Sie haben die letzte Kurve gekriegt», kommentierte Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga das Einlenken der grossen Kammer. Das neue Gesetz werde Schwung bringen in die Infrastruktur für die Velos.

Zwei Entscheide im Nationalrat in Kürze

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  • Asylsuchende, die einen gültigen Lehr- oder Ausbildungsvertrag haben, sollen diese Ausbildung auch nach einem abschlägigen Asylentscheid beenden können. Der Nationalrat hat dazu eine Motion aus der FDP mit 133 zu 56 Stimmen angenommen.
  • Arbeitsausbeutung soll neu ein Straftatbestand werden. Der Nationalrat hat einen entsprechenden Vorstoss von Marianne Streiff-Feller (EVP/BE) mit 101 zu 80 Stimmen bei 8 Enthaltungen gutgeheissen. Die Forderung geht nun in den Ständerat.

Vereinfachung der Impfstoffzulassung: Nach dem Nationalrat nimmt auch der Ständerat eine Motion an, die den Bundesrat auffordert, die Zulassung und den Import von Impfstoffen zu erleichtern. Ziel ist es, die Versorgung der Schweiz zu verbessern. Die kleine Kammer stimmte dem Vorstoss mit 36 zu 5 Stimmen ohne Enthaltungen zu. Unter anderem sollen Krankenkassen bei Impfstoff-Knappheit künftig auch Impfungen mit alternativen, in der Schweiz nicht zugelassenen Impfstoffen vergüten. Die Motion wurde noch vor der Corona-Pandemie eingereicht.

Keine Mehrheit fand dagegen eine weitere Motion zur Versorgung mit Impfstoffen. Diese sah unter anderem den zentralen Einkauf mit mehrjährigen Lieferverträgen vor, wie ihn andere Länder kennen. Der Ständerat verwarf dies mit 29 zu 13 Stimmen ohne Enthaltungen. Sie stellte sich damit gegen den Nationalrat. Die Motion ist vom Tisch.

Abfuhr für Volksinitiative: Das Parlament empfiehlt die Massentierhaltungs-Initiative zur Ablehnung. Nach dem Nationalrat in der Wintersession hat sich nun auch der Ständerat gegen das Volksbegehren ausgesprochen. Und wie die grosse Kammer will auch er nichts wissen von einem Gegenvorschlag.

Die Gegnerseite argumentierte in der Debatte im Ständerat insbesondere, die Tierschutzgesetzgebung verbiete Massentierhaltung in der Schweiz bereits heute. Es geschehe schon genug, um das Tierwohl zu fördern. Die Initiative würde zudem zu Mehrkosten für Bauernfamilien sowie die Konsumentinnen und Konsumenten führen.

Hinter die Initiative stellten sich die Grünen. Insbesondere was die Haltung von Schweinen und Hühnern angehe, zeichne die Werbung ein idealisiertes Bild, sagte Adèle Thorens Goumaz (Grüne/VD). Die Hälfte der Schweine und ein Grossteil der Hühner sähen in ihrem kurzen Leben nie die Sonne. Thorens Goumaz verwies auf die langen Übergangsfristen – und den Klimawandel. Es sei ohnehin klar, dass der Fleischkonsum in der Zukunft sinken müsse.

Massentierhaltungs-Initiative: Darum geht es

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Das will die Initiative: «Tierfabriken» würden in der Schweiz «aus dem Boden schiessen», kritisieren Tierschützerinnen und Tierschützer. Sie haben deshalb die Volksinitiative «Keine Massentierhaltung in der Schweiz» eingereicht. Diese fordert ein Verbot der Tierhaltung in landwirtschaftlichen Grossbetrieben innerhalb von 25 Jahren. Der Bund soll zudem Kriterien für eine tierfreundliche Unterbringung und Pflege, den Zugang ins Freie und die Schlachtung sowie eine maximale Gruppengrösse pro Stall festlegen.

Das beantragt der Bundesrat: Der Bundesrat lehnt die Initiative ab, weil das Tierschutzrecht Massentierhaltung schon heute verbiete. Im internationalen Vergleich habe die Schweiz «sehr kleine Tierbestände». Der Bundesrat will aber in einem direkten Gegenentwurf einzelne Anliegen der Initiative aufnehmen. Er schlägt vor, Kriterien für eine tierfreundliche Unterbringung und Pflege, für regelmässigen Auslauf und eine schonende Schlachtung in die Verfassung zu schreiben – und zwar für alle Tiere, nicht nur diejenigen in der Landwirtschaft. Damit gehe der Gegenvorschlag sogar über die Initiative hinaus, argumentiert der Bundesrat.

Das sagt die grosse Kammer: Der Nationalrat hat in der Wintersession als Erstrat über die Initiative und den direkten Gegenentwurf des Bundesrates debattiert. Die vorberatende Kommission hatte beantragt, beides abzulehnen. Dem ist eine Mehrheit in der grossen Kammer gefolgt. Die Kommission wies darauf hin, dass die Schweiz ihrer Ansicht nach bereits heute das weltweit strengste Tierschutzgesetz und «einzigartig tiefe Vorgaben» in Bezug auf die maximalen Tierbestände pro Betrieb kenne.

Revision der Strafprozessordnung: Die Räte sind sich weiterhin nicht einig, ob Beschuldigte an Einvernahmen anderer Beschuldigter teilnehmen dürfen. Der Bundesrat und auch der Ständerat möchten dabei das Teilnahmerecht von Beschuldigten an Einvernahmen einschränken. Gemeint sind zum Beispiel Einvernahmen von Zeugen oder Personen, die im gleichen Verfahren beschuldigt sind. Der Nationalrat hingegen will bei der heutigen Regelung bleiben, sie garantiere faire Verfahren. Mit 116 zu 70 Stimmen hielt er daran fest.

Keller-Sutter und Aeschi im Gespräch im Nationalratssaal
Legende: Keller-Sutter befürchtet Absprachen unter Bandenmitgliedern, wurde aber vom Nationalrat überstimmt. Keystone

Justizministerin Karin Keller-Sutter wollte der Minderheit folgen. Gerade unter mehreren beschuldigten Bandenmitgliedern könne es zu Absprachen kommen. «Es geht nicht darum, Beschuldigen ihre Rechte zu nehmen», sagte sie. Ein politischer Entscheid sei besser, als die Frage dem Bundesgericht zu überlassen. Die Vorlage geht wieder an den Ständerat.

Die Entscheide vom Dienstag, 1. März

Pflegelehrgang für Soldaten: Der Ständerat möchte die Armee für medizinische Einsätze rüsten. Er unterstützt als Erstrat mit 26 zu 15 Stimmen eine Motion von Werner Salzmann (SVP/BE). Diese verlangt, dass die Armee «befähigt wird, mehrere 100 Patienten über mehrere Monate medizinisch zu betreuen». Sie soll übernehmen, wenn zivile Stellen überlastet sind. Der Bundesrat ist zudem aufgefordert, zu prüfen, ob die Armee einen medizinischen Pflegelehrgang einführen soll. Der Bundesrat lehnt die Motion ab.

Neues Abkommen mit Italien: Die Schweiz behält künftig 80 Prozent der Quellensteuern, die auf das Einkommen italienischer Grenzgängerinnen und Grenzgänger erhoben werden. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat grünes Licht für die Ratifizierung eines entsprechenden Steuerabkommens gegeben. Die Regierungen der beiden Länder hatten das Abkommen Ende 2020 unterzeichnet. Damit soll hauptsächlich eine Doppelbesteuerung vermieden werden.

Neue Abteilungen beim Militär: Das Parlament will ein Cyberkommando und eine neue Militärluftfahrtbehörde schaffen. Der Ständerat hat als Zweitrat die entsprechenden Gesetzesänderungen ohne Gegenstimmen gutgeheissen. Darin werden auch die Armeeeinsätze für zivile Anlässe gesetzlich geregelt. Die Revision des Militärgesetzes und der Armeeorganisation sind damit bereit für die Schlussabstimmung.

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  • Reaktion auf CS-Skandal: Der Bundesrat soll prüfen, wie die Finanzmarktaufsicht Finma künftig härter gegen fehlbare Manager vorgehen könnte. Dies fordert der Nationalrat mit einem Postulat, das er an die Regierung überwiesenen hat. Der Bundesrat ist mit dem Auftrag einverstanden.
  • Keine synthetischen Pestizide: Die Armee soll auf ihren Grundstücken mehr Rücksicht auf die Biodiversität nehmen und die Lichtverschmutzung reduzieren. Der Aktionsplan Biodiversität des Bundes soll entsprechend ergänzt werden. Der Ständerat sagt mit 29 zu 10 Stimmen Ja zur Motion der Grünen Céline Vara.
  • Mehr Geld für Wolfsschutz: Der Nationalrat will zusätzliche 5.7 Millionen Franken für den Schutz vor Wölfen zur Verfügung stellen. Unterstützt wurde die Idee im Rat von der SVP, der Mitte und Teilen der Grünen. SP, FDP und GLP anerkannten das Anliegen, finden aber, es fehle die nötige Rechtsgrundlage. Nun ist der Ständerat am Zug.

Zusätzliche Corona-Hilfsgelder: Der Nationalrat hat drei Nachtragskredite im Umfang von insgesamt 3.4 Milliarden Franken zur Bewältigung der Pandemie bewilligt. Der Bundesrat hatte die entsprechende Sonderbotschaft zum Voranschlag 2022 im Dezember verabschiedet. 1.7 Milliarden entfallen auf den Erwerbsersatz, 900 Millionen auf den Bundesanteil an die Härtefallhilfe, 800 Millionen auf den Bundesbeitrag an die Kurzarbeitsentschädigung.

Eine Minderheit aus SVP-Vertretern wollte die Kredite für den Erwerbsersatz und die Härtefallhilfen für Unternehmen um je die Hälfte kürzen. Die grosse Kammer hiess die Mittel dennoch gut. Nun ist der Ständerat am Zug. Er wird sich noch in dieser Session mit den Nachtragskrediten befassen.

Erinnerung an Opfer des Nationalsozialismus: Die Schweiz dürfte einen offiziellen Gedenkort für die Opfer des Nationalsozialismus bekommen. Der Ständerat hat sich oppositionslos für ein solches Mahnmal ausgesprochen. Gemäss Motionstext von Nationalrat Alfred Heer (SVP/ZH) soll es «die Erinnerung wachhalten und durch Vermittlungsarbeit das Bewusstsein für die Bedeutung von Demokratie und Rechtsstaat, insbesondere bei jungen Menschen, stärken».

Der Nationalrat hatte dem Anliegen bereits im Sommer 2021 zugestimmt. Eine fast gleichlautende Motion von Ständerat Daniel Jositsch (SP/ZH) wird der Nationalrat noch in dieser Session behandeln. Der Bundesrat kann die Umsetzungsarbeiten damit bald an die Hand nehmen. Bundespräsident Ignazio Cassis erklärte, die inhaltliche Gestaltung solle auf Totalitarismen aller Art ausgerichtet sein.

Mehr zum geplanten Mahnmal können Sie hier nachlesen.

Erklärung des Ständerats zur Ukraine: Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine Erklärung «Für einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine» abgeben. Sechs Anträge waren dazu eingereicht worden. Darunter befand sich – anders als im Nationalrat – kein Rückweisungsantrag. SVP-Parteipräsident und Ständerat Marco Chiesa wünschte sich jedoch eine Version des Textes, der die Rolle der Schweiz als Anbieterin von «guten Diensten» bei Konflikten nicht gefährde. Der Bundesrat solle sich nicht den Sanktionen anschliessen, forderte er.

Sein Vorschlag wurde mit 37 zu 5 Stimmen bei 2 Einhaltungen abgelehnt. Vier weitere Anträge wurden zurückgezogen. Schliesslich wurde der Erklärungstext von Thierry Burkart (FDP/AG) mit 38 zu 0 Stimmen bei 6 Enthaltungen angenommen. Der Ständerat geht damit weiter als der Nationalrat. Er fordert zusätzlich die humanitäre Hilfe vor Ort und die «grosszügige temporäre Aufnahme» von Flüchtlingen aus der Ukraine.

Die Entscheide vom Montag, 28. Februar

Ersatz für meineimpfungen.ch: Der Bundesrat soll einen elektronischen Impfausweis ausarbeiten, der mit einem elektronischen Patientendossier kompatibel ist. Dies als Ersatz für die Plattform meineimpfungen.ch, die nach Datensicherheitsproblemen eingestellt wurde. Dafür sollen die Erfahrungen genutzt werden, die mit dem Covid-Zertifikat gemacht wurden.

Marcel Dobler
Legende: Es solle freiwillig sein, ob man den elektronischen Impfausweis kriege oder nicht – eine Papierversion müsse weiterhin möglich sein, so der Motionär Marcel Dobler. Keystone

Der Nationalrat stimmte der Motion von Marcel Dobler (FDP/SG) mit 141 zu 41 Stimmen bei drei Enthaltungen zu. Der Bundesrat ist mit dem Vorschlag einverstanden. Dieser geht nun an den Ständerat.

Fotovoltaikanlagen auf Gebäuden des Bundes: Bis in zwölf Jahren sollen alle Immobilien des Bundes mit erneuerbarer elektrischer Energie versorgt werden. Nach dem Nationalrat fordert auch der Ständerat einen Investitionsplan für eine Offensive im Bereich der Fotovoltaik. Bundesrätin Simonetta Sommaruga ist mit dem Auftrag einverstanden. Dies auch, weil der Text sich nicht allein auf die Fotovoltaik beschränkt.

Eine Differenz beim Veloweggesetz: Nach der Annahme des Bundesbeschlusses über Velowege im Jahr 2018 steht das neue Veloweggesetz schon fast. National- und Ständerat sind sich einig – ausser bei der Frage, in welchen Fällen Velowege ersetzt werden müssen, wenn die Wege oder Teile davon aufgehoben werden.

Velowege in die Verfassung aufgenommen

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Volk und Stände hatten im Herbst vor vier Jahren den Bundesbeschluss über die Velowege mit 73.6 Prozent der Stimmen angenommen. Der Bund erhielt mit dem neuen Verfassungsartikel die Möglichkeit, Grundsätze für Velowegnetze festzulegen sowie Massnahmen der Kantone, Gemeinden und weiterer Akteure subsidiär zu unterstützen und zu koordinieren. Das neue Veloweggesetz soll diese Grundsätze nun umsetzen, dem Veloverkehr Schub verleihen und ihn sicherer machen.

Der Ständerat will, dass beim Ersatz von ganz oder teilweise aufgehobenen Velowegen auch das öffentliche Interesse berücksichtigt werden muss. Er sprach sich oppositionslos erneut dafür aus. Der Nationalrat will, dass lediglich die örtlichen Verhältnisse berücksichtigt werden müssen. Er muss am Mittwoch nochmals darüber befinden.

Erklärung der grossen Kammer: Der Nationalrat hat sich in einer kurzfristigen Änderung des Tagesprogramms mit dem Krieg in der Ukraine befasst. Er stimmte einer von der Staatspolitischen Kommission eingebrachten Erklärung zu. Darin wird das Vorgehen der russischen Führung scharf verurteilt. Der Text enthält zudem die Aufforderung, die Sanktionen der EU gegen Russland gänzlich zu übernehmen. Letzte Woche hatte der Bundesrat dies noch abgelehnt. Die Erklärung war formuliert worden, bevor der Bundesrat entschied, die EU-Sanktionen doch mitzutragen.

Auszug aus der «Erklärung des Nationalrats»

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Der Nationalrat ist:

  • bestürzt über das menschliche Leid, welches durch die russische Aggression gegen die Ukraine verursacht wird;
  • überzeugt, dass ein unilateraler Angriffskrieg niemals ein Mittel der Politik sein darf und einem im 21. Jahrhundert agierenden Staat unwürdig ist;
  • besorgt darüber, dass die Werte der friedlichen Koexistenz der Völker, der Demokratie und der Menschenrechte, die in Europa und der Welt seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gefördert wurden, durch diese Aggression auf schwerwiegende Weise infrage gestellt werden;
  • entschlossen, sich zusammen mit der internationalen Staatengemeinschaft für eine baldige Rückkehr des Friedens in der Ukraine einzusetzen.

Zwei Vorstösse von SVP-Nationalräten, die Erklärung zurückzuweisen, scheiterten. Artikel 32 des Geschäftsreglements erlaubt es der grossen Kammer, «zu wichtigen Ereignissen oder Problemen der Aussen- oder Innenpolitik» eine Erklärung abzugeben. Rechtlich bindend sind solche Erklärungen für den Bundesrat nicht, jedoch politisch bedeutsam.

Einem Aggressor in die Hände zu spielen, ist nicht neutral.
Autor: Ignazio Cassis Bundespräsident

Bundespräsident spricht im Nationalrat: Im Anschluss an eine Medienkonferenz des Bundesrats nahm Ignazio Cassis die Gelegenheit wahr, den soeben getroffenen Entscheid, die Sanktionen der EU nun doch vollumfänglich zu übernehmen, im Nationalrat zu erläutern. Das Neutralitätsprinzip spreche nicht gegen die Übernahme. Die Schweiz sei den humanitären Geboten verpflichtet und dürfe nicht zusehen, wie diese mit Füssen getreten würden, so der Bundespräsident.

Zwei neue Ratsmitglieder: Benjamin Fischer (SVP/ZH) und Raphaël Mahaim (Grüne/VD) haben zum Auftakt der Session den Amtseid respektive das Gelübde abgelegt. Fischer, ein 30-jähriger Betriebsökonom, politisiert seit Mai 2015 für die SVP im Zürcher Kantonsrat und steht zudem der Kantonalpartei als Präsident vor. Im Nationalrat ersetzt er Hans-Ueli Vogt, der Ende 2021 nach sechs Jahren zurücktrat.

Unterschied zwischen Eid und Gelübde

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Neue Nationalräte und neue Ständerätinnen legen zu ihrem Amtsantritt zuerst entweder einen Eid oder ein Gelübde ab. Jedes Ratsmitglied kann zwischen den beiden Möglichkeiten frei entscheiden. Der Unterschied liegt darin, dass beim Eid auf Gott geschworen wird und beim Gelübde nicht.

Der Eid: «Ich schwöre vor Gott dem Allmächtigen, die Verfassung und die Gesetze zu beachten und die Pflichten meines Amtes gewissenhaft zu erfüllen.»

Das Gelübde: «Ich gelobe, die Verfassung und die Gesetze zu beachten und die Pflichten meines Amtes gewissenhaft zu erfüllen.»

Die Eides- oder Gelübdeformel wird jeweils vorgelesen. Wer den Eid ablegt, spricht mit erhobenen Schwurfingern die Worte «Ich schwöre es»; wer das Gelübde ablegt, spricht die Worte «Ich gelobe es».

Der 38-jährige Mahaim begann seine politische Karriere vor 15 Jahren, als er in den Grossen Rat des Kantons Waadt gewählt wurde. Der Anwalt schrieb mehrere Bücher über Umwelt. Er ist Nachfolger von Daniel Brélaz, der 1979 als erster Grüner in die grosse Kammer gewählt worden war und mit Unterbruch im Rat blieb.

Raphael Mahaim, GP-VD, 2. von links, und Benjamin Fischer, SVP-ZH,
Legende: Die neuen Nationalräte Raphael Mahaim (links) und Benjamin Fischer wurden vereidigt. Keystone

Mehr Geld für die Armee: Angesichts des Kriegs in der Ukraine verlangen SVP und FDP die Aufrüstung und den Ausbau der Armee. Dafür wollen sie sieben Milliarden Franken im Jahr zur Verfügung stellen.

Der Mannschaftsbestand soll um 20'000 auf 120'000 Wehrleute steigen, die neuen F-35-Kampfjets schnell beschafft werden. Beide Parteien kündigten an, entsprechende Vorstösse einzureichen.

Start der Frühlingssession: Um 14.30 Uhr ist der Nationalrat in die Frühlingssession gestartet. Die Präsidentin der grossen Kammer, Irène Kälin, begrüsste die Parlamentarierinnen und Parlamentarier zur ersten Sitzung seit zwei Jahren, die ohne Corona-Massnahmen durchgeführt wird, und gab gleich zu Beginn eine Erklärung zum Krieg in der Ukraine ab. Sie bat die Nationalrätinnen und Nationalräte um eine Schweigeminute für die Opfer, die der Krieg bereits gefordert hat.

Artem Rybchenko, stehend mit Hand auf Herzen
Legende: Auf der Tribüne des Nationalratssaals wurde Artem Rybchenko, der ukrainische Botschafter in der Schweiz, mit einer Standing Ovation von den Ratsmitgliedern begrüsst. Keystone

Um 16.15 Uhr hat auch der Ständerat seine Beratungen aufgenommen.  Welche die wichtigsten Themen sind, die in den kommenden drei Wochen vom Parlament behandelt werden, finden Sie in diesem Überblick .

Tagesschau, 17.03.2022, 12:45 Uhr

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